[kinoki-mikrokino] Peter Lorre im Lokativ / Gangster Girls im
Stadtkino / mikrokino-Vorschau
p at kinoki.at
p at kinoki.at
Die Apr 7 08:54:07 CEST 2009
Empfehlung
Mittwoch 8.4., 20:00, Lokativ
Soirée Noir für Peter Lorre
Der 2. Bezirk war und ist noch immer kontinuierlicher oder temporärer
Wohnraum für Menschen aus allen Weltgegenden. Vor über 100 Jahren
bezogen in der Valerienstrasse 88, heute Böcklinstrasse, der 13-
jährige Ladislav Löwenstein und seine Familie eine Bleibe. 14 Jahre
blieb er in Wien, ging nach Berlin, wo aus ihm Peter Lorre wurde. Im
Exil in den USA arbeitete er nicht immer erfolgreich als Haupt- und
Nebendarsteller in zahlreichen Filmen; ihm zu Ehren als ehemaligem
Bewohner der Leopoldstadt findet eine Soirée Noir statt. Über Eurer
zahlreiches Erscheinen freut sich das Team vom Lokativ.
Lokativ, 1020 Wien, ARENZHOFERSTR. 12 (Ecke Wolfgang-Schmälzl-Gasse)
Erreichbarkeit: U1, U2, S-Bahn Praterstern
http://www.lokativ.at
***
Weiterhin: GANGSTER GIRLS im Stadtkino!
"Nichts ist so süß wie das Verbrechen, solange man nicht selbst das
Opfer ist."
GANGSTER GIRLS
Ein Dokumentarfilm aus dem Frauengefängnis Schwarzau
Österreich 2008, 79 min, Regie & Konzept: Tina Leisch, Konzept &
Produktion: Ursula Wolschlager, Kamera: Gerald
Kerkletz, Schnitt: Karina Ressler, Musik: Eva Jantschitsch,
Regieassistenz & Choreographie: Sandra Selimovic, Ton:
Klaus Kellermann; Mit: Gefangenen der Justizanstalten Schwarzau und
Gerasorf. Eine Koproduktion von Kinoki und
Witcraft Szenario OG.
„Gangster Girls“. Spielen sie eine Rolle? Spielen sie keine Rolle?
Blaugrünes Make-Up haben die Gefangenen des
Frauengefängnisses Schwarzau aufgelegt, um einmal in der Woche auf
der Anstaltsbühne mit Burschen aus der Jugend-
strafanstalt Gerasdorf die Helden und Heldinnen einer antiken
Tragödie zu mimen. Die dicke Schminke im Gesicht macht
es ihnen leichter, ungeschminkt von sich, ihren Lebensgeschichten und
den Taten, die sie ins Gefängnis brachten, zu
erzählen, von Einbrüchen, Kreditkartenbetrug,
Spielzeugpistolenraubüberfällen, aber auch: von gewalttätigen Familien,
falschen Freunden und der unerbittlichen Gift-Gier-Maschine der
Drogensucht. So legen sie Zeugnis ab davon, was es
heißt: einen Weg durchs Leben sich zu suchen, wenn alle Ampeln auf
„Unglück!“ stehen.
Tina Leischs Dokumentarfilm „Gangster Girls“ ist auf den ersten Blick
ein Film über Menschen, die festsitzen in starren
Einstellungen. In ihren eigenen Lebenseinstellungen, in den
Vorurteilen der andren, in den Kameraeinstellungen aus den
Zellen und Arbeitsplätzen des Gefängnisses. Doch während des Redens
und noch mehr, während die Gangster Girls
große Rollen spielen, kommt einiges in Bewegung: die Bilder von sich
und den andren, die Liebes- und
Eifersuchtsgeschichten, das einfache GutundBöse. Die kleinen
Geschichten, die hier erzählt werden, sind große
Dramen, wie man sie im österreichischen Film dieser Tage nicht so
schnell findet. (Claus Philipp, Stadtkino)
„Was als kleines Making-Of eines Theaterprojekts begonnen hat, wurde
so zu einem großen Film, in dem vieles drinsteckt,
was Kino so kann. Verbrechen und Alltag und große Gefühle zu
erzählen; Realität mit Kunst eindringlicher zu machen,
als sie es ohne Kunst wäre.“ (Veronika Franz, Kurier)
Der Wiener Regisseurin Tina Leisch ist mit „Gangster Girls“ ein
völlig anderer Gefängnisfilm gelungen – [...]. Fernab
von Betroffenheitspathos und Toni-Spira-Ästhetik lässt Leisch die
Frauen selbst zu Wort kommen, ohne ihnen zu nahe
zu treten. Sie bestimmen, was sie von sich preisgeben wollen – und
keine Kamera, die nach Unterschichtsexotik sucht.
(Florian Klenk, Falter)
Dabei bleibt Gangster Girls ein höchst lebendiger Film - das hat
nicht zuletzt mit der Offenheit und Spielfreude seiner
Protagonistinnen zu tun. Und mit der klugen filmischen Rahmung eines
sozialen Milieus, eines institutionellen Alltags,
der in dieser Form sonst nicht zu sehen ist. (Isabella Reicher, Der
Standard)
Frauen unter Einfluss: Tina Leischs exzellentes Gefängnis-Dokument.
[...] Die Theaterregisseurin Tina Leisch legt mit
ihrem Kinodebüt eine überraschend dichte, vielschichtige und
gewissermaßen über die Bande gespielte Milieustudie vor:
„Gangster Girls“, entstanden aus einem der Bühnenprojekte Leischs,
versammelt ohne besserwisserische Kommentare
die Selbstzeugnisse und –darstellungen der Inhaftierten. Die
Filmemacherin dramatisiert und beschönigt nicht,
verlässt sich ganz auf die faszinierenden Prtagonistinnen, die hinter
grellem Theater-Make-up ihre Identitäten verbergen.
(Stefan Grissemann, Profil)
Jetzt im Stadtkino und im UCI Millenium City, Wien
sowie im Zentralkino Wiener Neustadt
Noch bis Donnerstag 9.4 im KIZ - Kino im Augarten, Graz.
Ab 27. April im Moviemento, Linz.
Ab 8. Mai im Cinematograph, Innsbruck.
Gangster Girls läuft außerdem bei Crossing Europe und auf dem
Dok.Fest München
Schulvorstellungen können unter schule at stadtkinowien.at gebucht werden,
Sondervorführungen mit Publikumsgespräch für Gruppen unter
kinostart at gangstergirls.at
http://www.gangstergirls.at
http://www.stadtkinowien.at
Diskussion
Freitag, den 10.4. lädt der Augustin nach der 2. Vorstellung von
Gangster Girls
(Filmbeginn 19.30, Diskussionsbeginn circa 21 Uhr)
im Stadtkino zum KASFREITAG, an dem das Augustinmanifest für eine
gefängnislose Gesellschaft
präsentiert und u.a. mit Einbrecherkönig Ernst Walter Stummer
diskutiert wird.
(freier Eintritt für AugustinverkäuferInnen)
http://www.augustin.or.at/
Manifeste
"im Herzen des Wunsches Strategien des Klassenkampfes entwickeln.... "
1. Entwurf für ein kinoki-Dokumentarfilmmanifest
Weitverbreitet ist die Illusion, die wirkliche Wirklichkeit würde
sich der Kamera zeigen, wenn man entweder schnell und frech genug mit
der Kamera draufhält oder wenn man irgendetwas nur behutsam und
langsam genug begleitet. Eine naive Illusion. Nicht nur, weil nach
der cinematographischen Unschärferelation der Kamerablick das
Gefilmte immer schon beeinflusst, nicht nur, weil die Kamera als
technische Apparatur von den siebzehn Dimensionen der Welt nur zwei
bis drei ins Bild bannen kann, sondern weil ihr die noch naivere
Illusion zugrunde liegt, die gesellschaftlichen Verhältnisse seien
sichtbar oder sichtbar zu machen. (Sie zeigen sich vielleicht auch,
ganz selten einmal, als mysteriöse Epiphanie in EINEM Bild, EINER
Einstellung, normalerweise ist aber zumindest Montage notwendig, um
Dialektik herzustellen, und ohne Dialektik keine Gesellschaftsanalyse
geschweige denn -kritik, anders gesagt: Erkenntnis ist kein Effekt
des Hinschauens, sondern des Nachdenkens. Weil politisch engagiertes
Dokumentieren also nicht so sehr sichtbar machen , als denkbar machen
heisst, können manche Filme, die ihr Objekt offensichtlich
"konstruieren" realistischer, dokumentarischer sein, als die genau
beobachtenden, ohne deshalb "Spielfilm" zu werden.
Ein anderer Irrtum ist, dass politischer Dokumentarfilm hauptsächlich
Erkenntnisse produzieren soll, bestenfalls noch etwas Empathie, die
dazu führt, dass das Publikum denen, in die es sich hineingefühlt
hat, deshalb aus Rührung nachher ein paar Rechte mehr zugesteht, als
nach seinem Alltagsverständnis sonst üblich. Ein beträchtlicher Teil
vermeintlich wohlmeinender Politdokus scheitern daran, dass sie sich
nicht hineichend darüber im klaren sind, dass filmische Bilder in
extremer Weise in der Lage sind Begehren zu produzieren, zu lenken,
zu codieren. Daher erniedrigen die Mitleidsdokus ihre
ProtagonistInnen, deren Partei sie vorgeben zu ergreifen genauso, wie
sie die angeklagten Ungerechtigkeiten zementieren, wenn es ihnen
nicht gelingt, im Inneren der Bilder, des Schnittes, des Rythmus des
Filmes schon selbst eine Umwertung der Werte vorzunehmen.
Die Grenzen eines Bildes müssen nicht den Rändern der Begriffe
folgen, die Architektur eines filmischen Zusammenhanges muss nicht
die Architektur eines theoretischen Gebäudes nachzeichnen, im
Gegenteil. Gerade weil die Bilder ständig über die Ränder der
Begriffe schwappen können, die man sich von ihnen zu machen geneigt
ist, gerade weil der durch Montage hergestellte filmische
Zusammenhang eine Transversale zu den von der Theorie behaupteten
Machtverhältnissen darzustellen vermag, können politische
Dokumentarfilme Röntgenbilder der Sollbruchstellen von
Herrschaftverhältnissen sein. In dem sie zum Beispiel offenbaren,
dass die Herrschaft in demselben Mass eine Konstruktion ist, eine
Konvention, die auf allgemeine Unterwerfung unter einen Code
funktioniert, wie die filmische Sprache selbst.
Das Karfreitags-Manifest des Augustin für eine gefängnislose
Gesellschaft
„Ihre Suche brachte kein Ergebnis“. Dieser Satz erscheint, wenn man
im Weblog des Vereins Neustart (früher Bewährungshilfe) in das
Suchfeld den Begriff „gefängnislos“ eingibt. Es war einmal – da
konnte man sich auf den im Auftrag des Justizministeriums tätigen
Verein verlassen, wenn man beim Thema „Alternativen zum Gefängnis“
auf den neuesten Stand der Diskussion gebracht werden wollte. Aus
heutiger Sicht unglaublich: Christian Broda selbst, österreichischer
Justizminister von 1960 bis 1966 und von 1970 bis 1983, erklärte die
„gefängnislose Gesellschaft“ zu einem der Ziele sozialdemokratischer
Realpolitik.
Heute fühlen sich die MacherInnen der Straßenzeitung Augustin allein
gelassen mit ihrer grundsätzlichen Infragestellung des staatlichen
Strafens. Dabei erlaubt die Informationsflut über die
Weltwirtschaftskrise täglich aufs Neue die Wahrnehmung, dass die
Gefängnislosigkeit zumindest für die Verursacher der Bankencrashes
und der Beinahe-Crashes ganzer Staaten Realität ist - und keine
Utopie. Strafrechtlich relevante Vorgänge – wie Steuerbetrug,
Veruntreuung öffentlicher Gelder, Auszahlung von Milliarden an Boni
zu einem Zeitpunkt, als das betreffende Unternehmen schon pleite war
– werden nicht sanktioniert, während KleinstunternehmerInnen beim
geringsten Steuerhintergehen kriminalisiert werden.
Der Augustin will mit seinem „Manifest gegen das staatliche Strafen“
die Debatte über Alternativen zum Gefängnis neu in Gang bringen –
auch wenn das Wegsperren in Zeiten von „Monstern“ a la Fritzl
populärer denn je ist. Das Mainfest ist im aktuellen Augustin
publiziert und wird am Karfreitag, 10. April 2009, im Stadtkino am
Schwarzenbergplatz im Anschluss an die Vorführung von „Gangster
Girls“, des Dokumentarfilms von Tina Leisch über das Frauengefängnis
Schwarzau, zur Diskussion gestellt. Die Veranstaltung steht unter dem
Motto „Kasfrei – nicht nur am Kasfreitag“. Der anwesende
„Einbrecherkönig“ Ernst Walter Stummer wird nicht nur diesen Begriff
aus der Häftlingssprache erklären, sondern aus eigener Erfahrung zur
angeblichen „Resozialisierungs“-Kompetenz des Strafvollzugs Stellung
nehmen.
***
KINOKIS MIKROKINO
Politische Filmabende, 1x monatlich im depot bei freiem Eintritt.
depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien,
http://www.depot.or.at
kinoki. Verein für audio-visuelle Selbstbestimmung
mikrokino at kinoki.at | http://www.kinoki.at
Newsletter subskribieren bzw. abbestellen unter:
https://kooperative.at/mailman/listinfo/kinoki-mikrokino
Förderpreis Politische Kulturarbeit 2004 der IG Kultur Österreich.
kinokis mikrokino #161
Dienstag, 21. April, 19:00
Aufstand in Sobibor
"Escape from Sobibor" schildert den erfolgreichen Aufstand der
jüdischen Häftlinge des Vernichtungslagers Sobibor im August 1943.
Das KZ wurde von der SS unter Geheimhaltung als eine der zentralen
Todesfabriken wie Belzec und Treblinka betrieben. 250.000 Juden und
Jüdinnen wurden hier ermordet, darunter über 10.000 aus Wien und
Berlin. Nachdem 1943 eine Gruppe jüdischer Sowjet-Soldaten
eingeliefert wurde, entstand der Plan einer gemeinsamen Flucht aller
Häftlinge. Jack Golds Spielfilm über den erfolgreichen Aufstand lief
ursprünglich als TV-Mehrteiler, der für die Kinofassung bearbeitet
wurde. Der Film übersetzt die historischen Ereignisse nicht in eine
Hollywood-Fabel - wie vielleicht erwartet werden könnte. "Escape from
Sobibor" hält sich streng an die gleichnamige Romanvorlage Richard
Rashkes, der seinerseits auf den Aussagen und Tagebüchern von Thomas
'Toivi' Blatt, Alexander Petscherski und Stanislaw 'Shlomo'
Szmajzner, sowie weiterer Überlebender basiert. Er zeichnet - wie
selten ein Film - ein dichtes Bild vom "Funktionieren" der NS-
Todeslager und der verzweifelten Situation jener Frauen und Männer,
die am 14. August 1943 einen kollektiven Aufstand wagten.
Escape from Sobibor
GB/USA 1987, 143 Min., engl. OF
Regie: Jack Gold, Darsteller: Rutger Hauer, Alan Arkin, Joanna Pacula
u.a., Buch: Richard Rashke
Einführung und Gespräch mit Prof. Frank Stern, Leiter des
Schwerpunkts Visuelle Zeit- und Kulturgeschichte am Institut für
Zeitgeschichte der Univ. Wien.