[kinoki-mikrokino] #129 - Di 8.11., depot: NOVEMBER (Hito Steyerl, René Vienet)

Peter Grabher p at kinoki.at
Sam Nov 5 19:57:42 CET 2005


hallo, kommenden dienstag ist hito steyerl mit NOVEMBER im mikrokino zu gast.
wir laden herzlich zu diesem abend bei freiem eintritt im depot, an dem wir
auch einen klassiker des situationistischen (anti-)kinos zeigen: LA DIALECTIQUE
PEUT-ELLE CASSER DES BRIQUES? unten gibts die vorschau auf unsere
dezember-veranstaltung zum jugoslawischen partisanInnenfilm sowie hinweise auf
die gerade laufende juedische filmwoche, verlaengerte spieltermine von ARTIKEL 7
- UNSER RECHT und schließlich auf einen kinoki-videoabend im kontext der
auffuehrung von elfriede jelineks STECKEN, STAB UND STANGL, welche uebrigens am
16.11. premiere hat! siehe http://www.steckenstabundstangl.info/
mit herzlichem gruss, kinok p

KINOKIS MIKROKINO

Politische Filmabende, 1x monatlich im depot bei freiem Eintritt.
kinoki. Verein für audio-visuelle Selbstbestimmung
mikrokino at kinoki.at | http://www.kinoki.at
Newsletter subskribieren bzw. abbestellen unter:
http://www.kinoki.at/mailman/listinfo/kinoki-mikrokino
Förderpreis Politische Kulturarbeit 2004 der IG Kultur Österreich.

Einladung #129

Dienstag 8.11.2005, 19:00, freier Eintritt.
depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien, http://www.depot.or.at/
#129 kinokis mikrokino präsentiert: Hito Steyerl
DIE EPOCHE DES NOVEMBER

November
Hito Steyerl, A/D 2004, Schnitt: Stefan Landorf, Assistenz: Yasmina Dekkar.
Englische Originalfassung, 25 Minuten, DVD.

"An age that has lost its gestures is, for this reason, obsessed by them. For
human beings who have lost every sense of naturalness, each single gesture
becomes a destiny. And the more gestures lose their ease under the action of
invisible powers, the more life becomes indecipherable". (Agamben 2000:53)

Meine beste Freundin als ich 17 war, hiess Andrea. Wolf. 1998 wurde sie als
kurdische Terroristin in Ostanatolien erschossen. In Deutschland wurde sie
gesucht. Sie wurde verdächtigt, die Rote Armee Fraktion bei der kompletten
Zersörung des Abschiebegefängnisses in Weiterstadt unterstützt zu haben.
1996 beschloß sie, nach Kurdistan zu gehen, um sich der Frauenarmee der PKK
anzuschliessen. Sie nahm den Namen Ronahi an, und trainierte für einige Monate
mit der Frauenarmee, meist in Lagern in Nordirak. Im Oktober 1998 wurde ihre
Einheit von der türkischen Armee nah an der irakischen Grenze aufgespürt. Ein
schweres Gefecht fand statt. Nur einige der Kämpfer überlebten. Sie waren
unter schwerem Helikopterbeschuss. Die meisten Überlebenden versteckten sich
in einem Erdloch. Später erzählt eine dieser Zeuginnen, Andrea sei nach ihrer
Gefangennahme, vermutlich durch Angehörige der türkischen Sicherheitskräfte,
exekutiert worden.

"Gesture is the name of this intersection between life and art, act and power,
general and particular, text and execution. It is a moment of life subtracted
from the context of individual biography as well as the moment of art
subtracted from the neutrality of aesthetics: it is pure praxis." (Agamben
2000:79)

Der Film November stellt die Frage nach dem, was heute Terrorismus genannt wird
und früher Internationalismus genannt wurde. Die Arbeit untersucht die Gesten
und Posen, die damit in Verbindung stehen, und ihr Verhältnis zur
Populärkultur, vor allem dem Kino. Der Ausgangspunkt des Films ist ein
feministischer Kungfu-Film, den Andrea Wolf und ich zusammen auf S-8 drehten,
als wir 17 Jahre alt waren. Jetzt ist dieser Amateurtrashfilm plötzlich ein
Dokument geworden. November ist kein Film über Andrea Wolf. November ist kein
Film über die Situation in Kurdistan. Er reflektiert stattdessen die Gesten
der Befreiung nach dem Ende der Geschichte, wie sie in der Popkultur und durch
reisende Bilder verbreitet werden. Der Film handelt von der Epoche des
November, in der die Revolution vorbei zu sein scheint, und nur ihre Gesten
weiter zirkulieren.

Agamben, G. (2000) 'Notes on Politics' Means Without End: (Theory Out of Bounds,
V. 20), trans Binetti, V & Casarino, C University of Minnesota Press.


La dialectique peut-elle casser des briques? (Can dialectics break bricks ? /
Kann die Dialektik Ziegelsteine zerbrechen?)
René Viénet & Gerard Cohen, F 1973, Französische Originalfassung
mit englischen Untertiteln, 90 Minuten, VHS.

,,Stellen Sie sich einen Kung-Fu-Film vor, in dem die Kampfkünstler
situationistische Aphorismen über die Überwindung der Entfremdung von sich
geben, während dekadente Bürokraten sich ironisch über eine abgewürgte
Revolution auslassen. Genau das begegnet Ihnen in René Viénets greller
Zweckentfremdung eines chinesischen Faustkampffilmes. Viénet, ein
einflussreicher Situationist, entfernte den Soundtrack von dem mittelmäßigen
Hong Kong-Export und pappte seine eigenen wahnwitzigen Dialoge darauf. (...)
Eine brilliante, bittere und aufrührerische Kritik am Scheitern des
Sozialismus, worin die Kampfkünstler ideologische Rückschläge durch
theoretische Vorstöße nach Debord, Reich und anderen kontern. (...) Viénet
zielt auch auf den Mechanismus des Kinos und die Art, wie dieser der Ideologie
dient." (Pacific Film Archive, Berkeley 1992)

Gespräch mit Hito Steyerl.


***

Vorschau:

Dienstag 6. Dezember, 19:00
kinokis mikrokino #130
Hvala partizanke! Der jugoslawische PartisanInnenfilm seit 1945

"Javol, Her Oberšturmbanfirer!"
Lichtbildervortrag der PartizanInnenFilmForschungsBrigade.
Ganz anders als in Österreich war die Geschichte des PartisanInnenkriegs das
zentrale Narrativ der jugoslawischen Filmproduktion.

Slavica
Vjekoslav Afric, Jugoslawien 1947, 94 Min., OF mit dt. Live-Übersetzung
(Jasmina Jankovic)

Titelgebende Hauptfigur des Films ist die Partisanin Slavica, die mit Marin und
einer Gruppe von der Fischerei-Kooperative ein gerade gebautes Fischerboot vor
den italienischen Besatzern versteckt. Sie werden entdeckt und gefangen
genommen, doch die Partisanen befreien sie. In der Folge nehmen sie an einer
Reihe von deren Aktionen teil. Slavica stirbt schließlich in einer Seeschlacht
und ihr Schiff, eines der ersten der jugoslawischen Kriegsflotte, wird nach ihr
benannt.
Slavica war die erste jugoslawische Spielfilm-Produktion nach 1945. Vjekoslav
Afric drehte den Film mit bescheidenen Mitteln und fast ausschließlich mit
LaiendarstellerInnen, die selbst bei den PartisanInnen gekämpft hatten.


***

Hinweise:

Am Donnerstag, 24.11. um 20 Uhr findet im Rahmen der Inszenierung von Elfriede
Jelineks "Stecken, Stab und Stangl" um 19 Uhr 30
im ehemaligen jüdischen Theater im Nestroyhof. Nestroyplatz 1. ein KINOKI -
Videoabend statt:

Stefan Horvath, Zigeuner aus Oberwart
Regie: Peter Wagner, A 2004, Video

Stefan Horvath, der im aktuellsten Film Peter Wagners porträtiert
wird, lebt in der Roma-Siedlung in Oberwart. 1995 verlor er bei der
Detonation der Oberwarter Rohrbombe unweit der Siedlung einen Sohn.
Danach litt er an Schlafstörungen zu jener Nachtzeit, als die
Detonation passierte, bis er eines Tages ein probates Mittel zur
Überbrückung dieser Zeit fand: er begann zu schreiben. Was er zunächst
aufzeichnete, waren in der Ich-Form gehaltene Erzählungen seiner
Elterngeneration, die den systematischen Mord an den Roma
thematisieren. Gerade das, sagt er, sei das Problem der Roma: sie
hätten sich niemals mit ihrer Deportation und Vernichtung während der
NS-Zeit auseinander gesetzt. Stefan Horvath will mit seinen
Erzählungen den Roma seiner Heimat eine Erinnerung nachliefern, von
der er glaubt, dass sie vielfach befreiende, wenn auch teilweise
schmerzhafte Wirkung haben könnte.

In Anwesenheit von Stefan Horvath

Mehr zur Inszenierung unter www.steckenstabundstangl.info


***

Jüdische Filmwoche 2005
3.-17.11., Votivkino/De France
http://www.jfw.at/


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Artikel 7 - unser Recht!
verlängert bis 10.11., Top Kino, 20:15
http://www.artikel7.at/


revolution will not be televised
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