[kinoki-mikrokino] #204 - Do 19.12./depot: Vergessene Opfer - Erzählen als Überlebensstrategie

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Di Dez 17 20:14:57 CET 2013


liebe leute, wir freuen uns uebermorgen angelika schuster und tristan sindelgruber im depot zu begruessen. ihre enzyklopädische video-recherche "vergessene opfer" ist gerade auf DVD erschienen. wir zeigen auszuege, die sich mit der geschichte von kindern im nationalsozialismus und danach beschäftigt. parallel dazu gibts im khaus die von tom waibel kuratierte ausstellung "krieg gegen kinder" zu sehen: http://www.k-haus.at/de/ausstellung/212/krieg-gegen-kinder.html sie versammelt werke von jungen künstlerInnen der kunstschule wien. zum unrühmlichen exit dieser alten volksbildnerischen institution gibts im aktuellen augustin einen artikel (http://www.augustin.or.at/article2411.htm). herzlich, kinok p

KINOKIS MIKROKINO
Politische Filmabende, 1x monatlich im depot bei freiem Eintritt
depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien
http://www.depot.or.at
kinoki. Verein für audio-visuelle Selbstbestimmung
http://www.kinoki.at
kontakt: mikrokino[at]kinoki.at

Einladung #204

Donnerstag 19. Dezember 2013, depot / 19:00

VERGESSENE OPFER - ERZÄHLEN ALS ÜBERLEBENSSTRATEGIE

Die Berichterstattung über das grausame Schicksal von Friedrich Zawrel, "Spiegelgrund"-Opfer, Überlebender und unermüdlicher Zeitzeuge, steht im Zentrum dieses Mikrokinos. Seine Erinnerungen schließen die Edition "Vergessene Opfer" ab, in der verdrängte oder bewusst negierte Schicksale in der österreichischen Nachkriegsgesellschaft zur Sprache kommen. "Er hod mi nimma kennt, aber i hob eam kennt", sagte Friedrich Zawrel in einem ORF-Interview über die Wiederbegegnung mit seinem Peiniger, dem Euthanasie-Arzt Heinrich Gross. Dass Zawrel seine Qualen und Erniedrigungen ohne Verbitterung und scheinbar ungebrochen überstanden hat, liegt möglicherweise daran, dass es ihm gelungen ist, sie zum Ausdruck zu bringen. 
An diesem Abend werden Ausschnitte aus der 177 minütigen DVD "Kinder- und Jugendfürsorge" in Anwesenheit der Herausgeber_innen Angelika Schuster und Tristan Sindelgruber gezeigt. Parallel dazu findet im Dezember die Ausstellung KRIEG GEGEN KINDER im Wiener Künstlerhaus statt.

Die DVD-Edition Vergessene Opfer. Eine Filmreihe von Angelika Schuster und Tristan Sindelgruber kann über den Vereinhttp://www.standbild.org/ bestellt werden.

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Vorschau:

Donnerstag, 9. Jänner 2014, 19:00
mikrokino #205

HITO STEYERL - MUSEEN ALS SCHLACHTFELDER

Das halbstündige Video „Is a Museum a Battlefield?“ (2013) erarbeitet eine Reihe von Verbindungen zwischen  Kunstsponsoring und Waffenhandel  – im besonderen am Beispiel von Siemens und der Koç Holding. Zwischen Kunst und Krieg entstehen Parallelen: einen Schuss abfeuern, ein Bild schießen... Auch „I dreamed a dream: Politics in the age of mass art production“ kreist um das Verhältnis von Kunst und Kapital: „Warum gibt es so viele Kunstprojekte? Weil wir in einer Welt der künstlerischen Massenproduktion leben. Praktisch jeder ist heute Künstler. (…) Kunstproduktion war früher  eine der elitärsten Aktivitäten, männlichen Meistern vorbehalten, die viel Zeit und Arbeit in die Entwicklung ihrer Fähigkeiten investieren mussten. Wie wurde diese Praxis so grundlegend demokratisiert?“ 

I dreamed a dream: Politics in the Age of Mass Art Production
Hito Steyerl, 2012, 30 min, engl.

Is a Museum a Battlefield
Hito Steyerl, 2013, 30 min., engl.

Anschließend Gespräch mit Hito Steyerl.


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Donnerstag, 20. Februar 2014, 19:00
mikrokino #206

ZUM ARBEITERiNNENAUFSTAND IM FEBRUAR 1934

Knapp ein Jahr nachdem die christlich-soziale Dollfuß-Regierung den Parlamentarismus in Österreich abgeschafft hatte, begann am 12. Februar 1934 von Linz ausgehend der bewaffnete Kampf der sozialdemokratischen Arbeiterschaft für die Wiederherstellung der Demokratie. Das Gedächtnis dieses gescheiterten Aufstands gegen die Faschisierung war immer heikel im großkoalitionären, sozialpartnerschaftlichen Nachkriegsösterreich und filmische Darstellungen sind rar. 
Wir zeigen aus Anlass des 80. Jahrestages der Februarkämpfe zeitgenössische Wochenschauberichte aus Österreich und der Sowjetunion. Wir erinnern außerdem an Belá Balázs‘ nicht realisiertes Drehbuch "Hochzeit in Wien", in dem er die Ereignisse in eine Liebesgeschichte verpackte. Schließlich zeigen wir Michael Scharangs „Die Kameraden des Koloman Wallisch“. Scharang erzählt ausgehend von Wallischs Schicksal vom Alltag und von Menschen, die in den Sog der Ereignisse gerissen werden. Auch hier dient eine Liebesgeschichte als Narrativ: Der Werkzeugmacher Viktor ist überzeugter Sozialist. Die Liebe zwischen ihm und der im bürgerlichen Milieu aufgewachsenen Arzttochter Paula droht an der Zuspitzung der politischen Situation zu zerbrechen.

Die Kameraden des Koloman Wallisch
Regie: Michael Scharang, A 1983/84, 90 Min.

Einführung Peter Grabher


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Donnerstag, 20. März 2014, 19:00
mikrokino #207

HARRAGA - JENSEITS VON PASS UND GRENZEN

"Und wenn sie mir keine Papiere geben? Ist mir egal, ich bleibe! Ich bin ein professioneller Harrag!"

'Harraga' brechen mit dem Regime der nationalstaatlich sanktionierten Identität: Mit dem arabischen Wort bezeichnen sich Menschen, die ihre Ausweise oder Pässe verbrennen und oft genug auch ihre eigene Jugend. Nicht nur um übers Mittelmeer oder andere Routen nach Europa zu reisen, sondern um irgendwo anders als im 'bled' - dem Ort ihres Aufwachsens und Herkommens - ihr Glück zu finden. Sie brechen fundamentale Regeln, indem sie sich jedem Blick entziehen und sich unwahrnehmbar machen. So werden sie zum Objekt für Statistiken und mediale Darstellungen innerhalb der aufgeschreckten Festung Europa. Der Kurzfilm 'Und schließlich bin ich abgehauen!' durchbricht diese Repräsentationen. Der im Rahmen eines Wiener Politkunstfestivals von Yassine Zaaitar und Anderen erarbeitete Film lässt uns ihre Stimmen vernehmen: Sie erzählen von den täglichen Polizeischikanen, denen Undokumentierte ausgesetzt sind, vom Leben auf der Flucht vor den eigenen Fingerabdrücken und vom ungebrochenen Wunsch nach einem Leben in Freiheit. Konsequent bleiben im Film die Sprechenden unsichtbar. Die Montage trennt Gesichter und Stimmen und wird zum kollektiven Porträt einer Bewegung im Raum, die sich dem Grenzregime Europas entziehen will. Während ein Mann aus Dakar erzählt, blicken wir aus einer Schnellbahn, die Wien mit dem Vorort Traiskirchen verbindet, wo sich ein staatliches Lager für Asylsuchende befindet. Während wir die Stimme eines Mannes aus Oujda hören, flieht der Asphalt einer österreichischen Straße an uns vorbei: Konkrete Bewegungen im Raum und Stimmen. Nur Yassine Zaaitar tritt vor die Kamera und wagt es, sein Gesicht und seine passionierte Rede zu vereinen und der Öffentlichkeit auszusetzen. Der kurze Film ist das rare Dokument einer selbstbestimmten Rede von Reisenden, die keine Grenzen respektieren und deren Leben die politische Maxime 'No boder - no nation' intensive - und oft auch schmerzhafte - Realität ist. Anstatt ihre Geschichten professionellen FilmemacherInnen anzuvertrauen, haben Refugees die Position der Filmemacher erobert. Mit allem Recht nehmen sie den immer offenen Ort des Kinos für sich in Anspruch.

Und schließlich bin ich abgehauen! 
Regie: Yassine Zaaitar und aufenthaltsraum, A 2013, 22 min

Außerdem zeigen wir weitere Kurzfilme zum Thema.

Anschließend Gespräch mit Yassine Zaaitar.





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