[kinoki-mikrokino] Weihnachtsfeier im Flüchtlingscamp
Tina Leisch
augustine.leisch at gmx.at
Mo Dez 24 09:15:36 CET 2012
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Liebe Leute,
Wir, die Flüchtlinge vom Sigmund-Freud Park, haben die Ehre, Sie
einzuladen zur schönsten Weihnachtsfeier der Stadt im Flüchtlingscamp
vor der Votivkirche.
Am 24.12. ab 22 Uhr gibt es eine große Weihnachts-Party!
Ab 18 Uhr Blechtonnenlagerfeuer mit Kinderpunsch.
Denn: Der 24. Dezember ist ein großer Feiertag.
Wir feiern, dass seit einem Monat täglich die Würde siegt über die
Demütigungen des Asylsystems, die Solidarität sich als stärker
erweist als die Wohltätigkeit,
die vielsprachige Verständigung, die tägliche Zuhör- und
Übersetzungsarbeit triumphiert
über die Taubheit derjenigen, die gar nicht zuhören wollen.
Vor einem Monat, am 24.November, marschierten wir 25 km vom zentralen
Flüchlingslager in Traiskirchen nach Wien um gegen die
menschenverachtenden Zustände im Umgang mit Geflüchteten zu
protestieren.
- Dass wir beengt in überbelegten Unterkünften untergebracht werden.
- Dass uns Dolmetscher zugeteilt werden, die wir oft als zynische
Handlanger eines rassistischen Systems erleben.
- Dass man uns von der staatlichen Wohlfahrt abhängig macht, weil man
uns nicht erlaubt zu arbeiten.
- Dass man uns ohne angemessene Prüfung unserer Fälle Asyl in
Österreich verweigert.
- Dass man uns, aufgrund der „DUBLIN“-Verordnungen, nicht erlaubt in
einem andren europäischen Land darum anzusuchen.
- Dass uns das elementare Menschenrecht auf Freizügigkeit genommen wird.
(Erst dürfen wir Traiskirchen nicht verlassen, - eine Fahrt nach Wien
wird mit 200 Euro bestraft-, dann werden wir in entlegene Dörfer
transferiert, abgeschnitten von FreundInnen, von Rechtsberatung, von
solidarischen Menschen und Comunities.)
- Dass wirtschaftliche und soziale Not nicht als Fluchtgrund anerkannt
werden.
Nachdem nach über drei Wochen Protestcamp im Sigmund-Freud-Park vor
der Votivkirche und 2128 Unterstützungserklärungen solidarischer
Menschen auf unserer Website (http://refugeecampvienna.noblogs.org/)
immer noch keine/r der verantwortlichen PolitikerInnen sich auch nur
zu einem Gespräch bereit gezeigt hätte, suchten wir am Dienstag den
18.12. Schutz und Hilfe in der Votivkirche.
Daraufhin luden die Caritas und die Katholische Kirche zu einem Runden
Tisch mit VertreterInnen von NGO’s und dem Innenministerium und drei
von uns protestierenden Flüchtlingen.
Am Freitag, kurz vor dem Treffen, durchkämmten über zwanzig Polizisten
das Flüchtlingscamp am Sigmund-Freud-Platz. „Routinekontrolle“ nannten
sie diese Einschüchterungsmaßnahme, bei der vier Flüchtlingen ihre
Asylkarten abgenommen wurden.
Daraufhin gingen alle Flüchtlinge zum Runden Tisch, es wurden aber nur
fünf von uns zugelassen. Die Caritas bot dann allen protestierenden
Flüchtlingen warme Unterkünfte an. Wir lehnten das Angebot ab, denn
wir haben diese Kampagne nicht gestartet, um warme Unterkünfte zu
bekommen, sondern damit unsere Forderungen erfüllt werden.
Wir lehnen es ab, die Kirche und das Camp zu verlassen, so lange
unsere politischen Forderungen nicht einmal ansatzweise ernst
genommen werden.
Wir fordern weiter:
- Das Recht zu arbeiten.
- Das Recht auf freie Wahl des Aufenthaltsortes.
- Die Löschung der Fingerabdrücke aus der europäischen
Fingerabdruckkartei Eurodac, wenn ein Asylverfahren negativ beendet
wurde, so dass man in einem andren EU-Land erneut einen Antrag stellen
kann.
- Bleiberecht für alle jetzt in Österreich lebenden Flüchtlinge und
Asylsuchenden, also eine einmalige Legalisierung aller Menschen ohne
Papiere, wie es das in Frankreich und Spanien schon öfter gab,.
Das heißt:
Wir bleiben also nicht etwas deshalb weiter in der Votivkirche und im
Camp, weil wir nirgends anders unterkämen, sondern weil wir den Kampf
um Menschenrechte für alle nach Österreich Geflüchteten für wichtiger
und bedeutsamer halten als eine warme Nacht heute, morgen und
übermorgen.
Weil die politisch Verantwortlichen, statt unsere Forderungen zu
erfüllen, uns mit der Polizei einzuschüchtern versuchen, beschlossen
wir am 22.Dezember um 23 Uhr, in den Hungerstreik zu treten.
Also: Kommen Sie am 24.Dezember ins Flüchtlingscamp.
Bringen Sie Kekse und Kinderpunsch mit. Auch Brennholz und warme
Decken sind hilfreich.
Bringen Sie ihre winterfesten Musikinstrumente und ihre
BandkollegInnen und spielen Sie ein Lied für die Würde und die
Menschenrechte für alle.
Nehmen Sie ihre Kinder mit, erklären Sie ihnen, was passiert, es ist
ein historischer Moment, in dem man mehr über Politik lernen kann, als
in jeglicher Schule oder Universität..
Bis 24 Uhr Zusammensitzen am Blechtonnenlagerfeuer,
ab 24 Uhr große, laute, fette Weihnachtsparty
Im Flüchtlingscamp am Sigmund-Freud-Park. U 2 Schottentor/ Universität.
Unterstützen Sie unsere Petition:
http://refugeecampvienna.noblogs.org/support/petition/
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