[kinoki-mikrokino] #152 - do 5.6. & fr 6.6., depot: Zelimir Zilniks Kenedi-Trilogie / Jugoslawien: Wiederaneignung der Geschichte

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Mon Jun 2 09:47:51 CEST 2008


hallo, anbei die einladung zum intensiven doppelprogramm mit zelimir  
zilnik. bereits morgen dienstag ist er mit dem letzten teil seiner  
<kenedi-trilogie> auf einladung des ordinariats für postkonzeptuelle  
kunst (pcap) an der akademie der bildenden künste zu gast (info siehe  
unten). herzlich kinok p

KINOKIS MIKROKINO

Politische Filmabende, 1x monatlich im depot bei freiem Eintritt.
depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien,
http://www.depot.or.at
kinoki. Verein für audio-visuelle Selbstbestimmung
mikrokino at kinoki.at | http://www.kinoki.at
Newsletter subskribieren bzw. abbestellen unter:
https://kooperative.at/mailman/listinfo/kinoki-mikrokino
Förderpreis Politische Kulturarbeit 2004 der IG Kultur Österreich.

Einladung

Do, 5.6.2008, 19 Uhr, Depot, Breite Gasse 3

kinokis mikrokino #152 / Teil 1 - Zelimir Zilniks "Kenedi"-Trilogie

In Zusammenarbeit mit der Ordinariat für postkonzeptuelle Kunst  
(pcap) an der Akademie der bildende Künste/Wien

19 Uhr:
KENEDI HEIRATET - KENEDI SE ZENI
Serbien 2007, 80 min
Regie: Zelimir Zilnik, Kamera: Miodrag Milosevic, Schnitt: Vuk  
Vukmirovic, Branislav Klasnja, Darsteller: Kenedi Hasani, Salji  
Hasani, Beni Haliti, Max Steiner, Philipp Eisenmann, Sladjana  
Pavlica, Maksud Humo, Ethem Saygieder.
Dritter Teil der "Kenedi"-Trilogie, mit der Zilnik die unermüdlichen  
Versuche des Rom Kenedi Hasani dokumentiert,  nach der Vertreibung  
aus der EU entweder in Serbien Fuß zu fassen oder eine Hintertür  
zurück ins Euroland zu entdecken. Oft galgenhumoristische Studie über  
die Formung des Begehrens durch die Migrationspolitik. Zilnik beweist  
einmal mehr, dass Filmemachen eine Methode sein kann, mit Menschen  
gemeinsam Widerstand zu organisieren. Seine Protagonisten sind nicht  
Dargestellte, Abgefilmte, aber auch nicht einfach Selbstdarsteller.  
Mit und vor der unprätentiösen Kamera formulieren sie sich als  
soziale und politische Akteure.

Anschließend Diskussion mit Zelimir Zilnik, Kenedi Hasani und den  
Wiener Mitwirkenden Philipp Eisenmann und Ethem Saygieder.

21.30 Uhr:
KENEDI SE VRACA KUCI -  KENEDI GOES BACK HOME
Serbien-Montenegro 2003, 74 min (serbisch/dt. OF mit engl. Untertiteln)
Regie: Zelimir Zilnik, Drehbuch: Zelimir Zilnik, Kamera: Miodrag  
Milosevic, Schnitt: Marko Cvejic. Darsteller: Kenedi Hasani, Denis  
Ajeti, Dzemsit Buzoli, Sabaheta Alijevic, Mevlan Alijevic.
Kenedi, ein junger Mann aus dem Kosovo, selbst von der Abschiebung  
aus Deutschland betroffen, fungiert  als eine Art Mittelsmann  
zwischen Filmteam und anderen unfreiwillig Heimgekehrten, die im  
Gespräch mit ihm von ihren Erfahrungen berichten. Mitten in der Nacht  
habe man sie geweckt, erzählt etwa ein aufgebrachter Familienvater  
während einer langen Autofahrt, um sie Stunden später in ein Flugzeug  
nach Belgrad zu setzen. Seit 1991 habe er mit seiner Frau und zwei  
Kindern in Deutschland gelebt und gearbeitet. "Meine Kinder sind hier  
Analphabeten." - Das kyrillische Alphabet oder die serbische Sprache  
sind ihnen fremd, ihr Deutsch ist dagegen ausgezeichnet. Ähnliches  
hat auch Johnny zu berichten, ein Jugendlicher, den Kenedi ebenfalls  
am Belgrader Flughafen aufgabelt und der auf der Suche nach seinen  
Angehörigen ist. Gegen Ende des Films führt er im Belgrader Goethe- 
Institut ein langes Gespräch mit einem bayrischen Grenzpolizisten.  
"Würde ich zurückgehen können?", fragt er  schließlich. "Ich glaube  
nicht", sagt der Mann. Aus solchen Situationen, in denen sich die  
Auswirkungen politischer  Verfügungen und bürokratischer Vorgänge  
individuell konkretisieren, formt "Kenedi se vraca kuci" ein rauhes  
Bild  weitgehend ausgeklammerter, europäischer Realität. (Isabella  
Reicher)

22.45 Uhr:
KENEDI LOST AND FOUND
2005, 26 min
Regie: Zelimir Zilnik, Schnitt:  Marko Cvejic.
Zilnik trifft Kenedi in Wien, wohin dieser es inzwischen geschafft  
hat, doch Kenedi ist schon am Packen: Es ist ihm zwar gelungen,  
physisch in die EU einzureisen, doch ohne Chance, den  
entscheidenderen Teil der eigenen Existenz, den papierenen, auch hier  
zu etablieren...

***

Fr 6.6.2008, 19 Uhr, Depot, Breite Gasse 3

kinokis mikrokino #152 / Teil 2 - Jugoslawien: Wiederaneignung der  
Geschichte

In Zusammenarbeit mit PartizanInnenfilmforschungsbrigade

AUFSTAND IN JAZAK - USTANAK U JASKU
Jugoslawien 1972, 18 min
Buch & Regie: Zelimir Zilnik, Kamera: Milivoje Milivojevic, Schnitt:  
Kaca Stojanovic.
Ein rauher, ehrlicher Protestfilm gegen die Exploitation der  
PartizanInnengeschichte in den millionenschweren Hochglanzschinken à  
la Sutjeska (mit Richard Burton). Zilnik gibt die Geschichte der  
Befreiung denjenigen zurück, die sie vollbracht haben. Es sind die  
Bewohner des Dorfes Jasak, die hier zu Wort kommen. In wildem Dialekt  
erzählen die Bauern und Bäuerinnen vom Kampf der PartizanInnen. Das  
jugoslawische Establishment verstand den Angriff nur zu genau. Nur  
eine wütende Intervention der DorfbewohnerInnen beim Kulturminister  
der Vojvodina konnte den Film vor dem Verschwinden in der Schublade  
der „Kommission für Filmüberprüfung“ retten.

LAST OF THE ZILNIKS -  ZADNJI ZILNIK
Slowenien 2007, 61 min
Regie: Dimitar Anakiev, Buch:  Branislav Miltojevic, Dimitar Anakiev,  
Kamera: Jovica Krstic, Uros Knez. Mit Zelimir Zilnik, Silvino  
Poletto, Zivojin Kitanovic, Mauro Punteri, Borivoje Zivic, Gabriella  
Gabrielli, Janez Skok u. a.
Anakiev  macht sich  auf die Spur von Zelimir Zilniks  
Familiengeschichte, der Geschichte der Widerstandskämpferin Milica  
Shuvakovic - Partizanenname Masha - und ihres Mannes Konrad, später  
ein gefeierter Volksheld. Masha wird von den Deutschen festgenommen  
und bringt im Konzentrationslager Nis ihren Sohn Zelimir zur Welt,  
bevor sie ermordet wird. Eine Befreiungsfeier im Lager Nis, ein  
Gespräch mit Bewohnernder Konrad-Zilnik-Straße und mit alten Männern,  
die Konrad Zilnik kannten, zeichnen ein ernüchterndes Bild des  
Schicksals der antifaschistischen Traditionen Jugoslawiens.

Anschließend Diskussion mit Zelimir Zilnik und Dimitar Anakiev.

Ca. 21 Uhr:
LAGER NIS
Jugoslawien 1987, 92 min
Regie: Miomir Stamenkovic, Buch: Maja Volk, Schnitt: Katarina  
Stojanovic. Mit Svetislav Goncic, Milan Strljic, Bogdan Diklic,  
Ljubisa Samardzic, Elizabeta Djoreska, Ljiljana Blagojevic.
Einer der großen, mit viel Geld produzierten kommerziellen  
jugoslawischen antifaschistischen Filme. Gefangene des  
Konzentrationslagers Nis planen einen großen, kollektiven Ausbruch.  
In einer Nebenhandlung des Filmes bringt eine Gefangene ein Baby zur  
Welt, das aus dem KZ gebracht und so gerettet wird. Zilnik wurde nie  
dazu befragt, nicht einmal zu einer Vorführung des Filmes eingeladen.


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kinoki in Zusammenarbeit mit dem Ordinariat für postkonzeptuelle  
Kunst (pcap) an der Akademie der bildende Künste/Wien

Zelimir Zilniks "Kenedi"-Trilogie

Di, 3.6.2008, 19 Uhr, Raum M1, Semperdepot, Lehargasse 6-8, 1060 Wien

KENEDI HEIRATET - KENEDI SE ZENI
Serbien 2007, 80 min
Regie: Zelimir Zilnik, Kamera: Miodrag Milosevic, Schnitt: Vuk  
Vukmirovic, Branislav Klasnja, Darsteller: Kenedi Hasani, Salji  
Hasani, Beni Haliti, Max Steiner, Philipp Eisenmann, Sladjana  
Pavlica, Maksud Humo, Ethem Saygieder.
Wiener Erstaufführung des dritten Teils der "Kenedi"-Trilogie, mit  
der Zilnik die unermüdlichen Versuche des Rom Kenedi Hasani  
dokumentiert,  nach der Vertreibung aus der EU entweder in Serbien  
Fuß zu fassen oder eine Hintertür zurück ins Euroland zu entdecken.  
Oft galgenhumoristische Studie über die Formung des Begehrens durch  
die Migrationspolitik. Zilnik beweist einmal mehr, dass Filmemachen  
eine Methode sein kann, mit Menschen gemeinsam Widerstand zu  
organisieren. Seine Protagonisten sind nicht Dargestellte,  
Abgefilmte, aber auch nicht einfach Selbstdarsteller. Mit und vor der  
unprätentiösen Kamera formulieren sie sich als soziale und politische  
Akteure.

Anschließend Diskussion mit Zelimir Zilnik, Kenedi Hasani und den  
Wiener Mitwirkenden Philipp Eisenmann und Ethem Saygieder.

http://m1.antville.org/


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Vorschau:


Dienstag 10. Juni 2008, 19 Uhr, Depot, Breite Gasse 3

kinokis mikrokino #153

ALLES FUSSBALL ODER WAS?

"So wie manche Menschen über Fußball reden, könnte man meinen, dabei  
ginge es um Leben und Tod," kommentiert ein FC-Liverpool Manager sein  
Geschäft und setzt hinzu: "Sie haben keine Ahnung. Es geht um weitaus  
mehr." Aber auch wer nicht glaubt, dass die heiße Luft im Ball die  
Welt im Innersten zusammenhält, entkommt in diesen Junitagen der  
„großen heidnischen Messe“ (Galeano) rund ums Leder kaum. Ihr  
Bacchanal hat die Grenzen von Leinwand und Stadion längst gesprengt  
und die Instrumentalisierung des Stadtraums zugunsten angeblich  
öffentlicher Vermarktungsinteressen droht damit, uns als  
unfreiwillige StatistInnen der Europameisterschaft in den Dienst zu  
nehmen.
  "Es gibt keine Langeweile im Fußball," meinte einst ein Spieler von  
Castel di Sangro, "außer in den neunzig Minuten eines Spiels."  
Kinokis mikrokino nimmt das zum Anlass, um zu einem etwas anderen  
Match ins Depot einzuladen: Das "männliche Tor zur Welt" (Klaus  
Theweleit) wird zum Thema von ungewöhnlichen Analysen, denen als  
Spielbälle Ausschnitte medialer Fußballinszenierungen – von  
Svankmajers "Viril Games" bis zu Günther Kochs Reportage über das  
"Geisterspiel" zwischen FC Nürnberg und Alemannia Aachen – zugeworfen  
werden.
An der Zusammenstellung eines KommentatorInnen-Wunderteams wird noch  
gebastelt, als Referee zugesagt hat Helmut Neundlinger,  
Fußballjournalist und -forscher u. a. im Augustin, Ballesterer und  
Standard, für den er gemeinsam mit FAS-Research Netzwerkanalysen über  
die Spielgestaltung der österreichischen Nationalelf erstellt.


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Hinweis:


Montag, 2. Juni, 19 Uhr  Depot, 1070 Wien, Breitegasse 3

Massenmord als blinder Fleck der Wissensökonomie
Zur Geschichtsvermittlung durch Stefan Ruzowitzkys Film "Die Fälscher"

Vortrag von Drehli Robnik

Seit seiner Premiere bei den Berliner Filmfestspielen 2007 und
insbesondere im Anschluss an die Verleihung des "Auslands-Oscar" 2008
wurde "Die Fälscher", Stefan Ruzowitzkys Film über die von der SS
betriebene Geldfälscherwerkstatt im Konzentrationslager
Sachsenhausen, im Rahmen öffentlicher Diskurse evaluiert, die im
wesentlichen auf zwei Bahnen verlaufen: Zum einen ist die Rede von
der notwendigen Förderung des Filmwirtschaftsstandorts Österreich und
den Chancen seiner international vergleichsfähigen Produkte auf dem
Weltmarkt; zum anderen wird Ruzowitzkys Film als konsensträchtige
Form von Geschichtsvermittlung gefeiert und, zumal im Rahmen der vom
Unterrichtsministerium finanzierten Aktion "Kino macht Schule", als
praktikables Lehrmittel und Medium für das Outsourcing historischer
Wissensvermittlung genutzt. Dabei fällt auf, wie das Thema von "Die
Fälscher"  die Umsetzung vernichtungsrassistischer
nationalsozialistischer Politik und die Möglichkeiten von Widerstand
gerade in der Nobilitierung des Films in einer Weise ausgewertet
wird, die dessen Ausblendung nahekommt.

Angesichts der Deutungshegemonie von Kulturpatriotismus,
Österreichmarketing und Bildungskrisenbewältigung bringt mein Vortrag
einige Einsprüche vor. Dass Ruzowitzkys Film in den genannten
Zugriffsformen nicht aufgeht, ist womöglich schon darin angelegt,
dass er diese selbst zu Perspektiven seiner Geschichtsvermittlung im
Blick auf den Holocaust macht: Geht es doch anhand der
Fälscherwerkstatt im KZ gerade um einen (im Rahmen eines
"Heimatschutzprojekts" fungierenden) Kreativwirtschaftsstandort,
dessen motivationspsychologischer Kontrolle das Problem des Wissens
entgegensteht  das Problem der Kenntnis der ausgewählten
Wissensarbeiter vom Massenmord an den Unerwünschten und
Überflüssigen, der rund um sie herum hinter Zäunen abläuft. Um diese
Punkte zu verdichten, wird der Vortrag Begriffe zur Beziehung von
Kino und Postfordismus, sowie zur Geschichtlichkeit des Films zum
Einsatz bringen, und überdies auf die Figuration des NS-Massenmordes
in Ruzowitzkys früheren Regiearbeiten eingehen.

nach dem Vortrag Diskussion mit Ingo Zechner (Historiker und Philosoph)

Drehli Robnik, Historiker, Filmwissenschaftler, Key Researcher am
Ludwig Boltzmann-Institut für Geschichte und Gesellschaft zum Thema
"Geschichtlichkeit des Films anhand von Hollywoods (Re-)Visionen des
Zweiten Weltkrieges"; lehrt an der Universität Wien, Masarykova
Univerzità Brno, Universität für Angewandte Kunst; Publikationen zu
Theorie und Ästhetik des Films, insbesondere Film und
Nationalsozialismus, Film und Geschichte/Politik, Kino und Krieg,
Horrorfilm; gelegentlich Filmkritiker, Disk-Jockey und Edutainer;
"lebt" in Wien-Erdberg.




revolution will not be televised
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