[kinoki-mikrokino] #123 - Mo 17.1., Depot: NS-Verbrechen und Re-Education. Filme der
Alliierten nach 1945
p
p@kinoki.at
Thu, 13 Jan 2005 18:08:28 +0100
hallo, unser erstes mail im neuen jahr ist sicher laenger als zumutbar,
sorry. es enthaelt neben unseren ankuendigungen fuer die naechsten
mikrokino-abende zahlreiche hinweise auf feine ereignisse, die wir Euch
ans herz legen moechten. alles gute fuers neue jahr, herzlich, kinok p
KINOKIS MIKROKINO
Politische Filmabende, momentan ca. 2x monatlich, an diversen Orten
auftauchend...
kinoki. Verein für audio-visuelle Selbstbestimmung
mikrokino@kinoki.at | http://www.kinoki.at
Newsletter subskribieren bzw. abbestellen unter:
http://www.kinoki.at/mailman/listinfo/kinoki-mikrokino
Förderpreis Politische Kulturarbeit 2004 der IG Kultur Österreich.
Einladung #123
Montag, 17. Jänner 2005, 20 Uhr (Eintritt frei)
Depot, 1070 Wien, Breite Gasse 3, Tel: +43 1 522 76 13,
http://www.depot.or.at
KINOKIS MIKROKINO PRÄSENTIERT: THOMAS TODE
NS-VERBRECHEN UND RE-EDUCATION. FILME DER ALLIIERTEN NACH 1945
Während der ersten Monate der Okkupation Deutschlands und Österreichs
stand die Besatzungspolitik im Zeichen des Potsdamer Abkommens und der
Nürnberger Prozesse: Entnazifizierung, Entmilitarisierung und
Entindustrialisierung. Die sich daraus ergebende Aufgabe der
"Re-education" bzw. "Re-orientation" war deshalb untrennbar mit der
Kollektivschuldthese verbunden. Umerziehung hieß zuallererst, die
deutsche und österreichische Bevölkerung von ihrer Schuld am Aufstieg
des Nationalsozialismus und am Holocaust zu überzeugen. Das Programm
versammelt englische, französische, sowjetische und US-amerikanische
Beispiele für die filmische Darstellung der Nazi-Verbrechen, außerdem
zwei kurze Filmstücke über die Befreiung der Lager Mauthausen und
Ebensee. Schon 1947 wurden in den Westzonen die beim Publikum
unbeliebten Filme über die KZs zurückgezogen, so dass nur noch Filme
blieben, die den künftigen Bündnispartner mit den Regeln der Demokratie
vertraut machen sollten oder die den American Way of Life als Modell
priesen. Das Programm schließt mit einem Film, der diese Phase nach der
Re-Education dokumentiert, als die Bilder von den KZs bereits weitgehend
aus der Öffentlichkeit verdrängt worden sind. Der Hamburger
Filmwissenschaftler Thomas Tode kommentiert die selten zu sehenden
Filme. (Gesamtfilmlänge: 102 Min., mit Pause)
Concentration Camp Ebensee Austria (08-May-1945)
A/USA 1945, US Army Signal Corps, 5 Min., stumm, Video
Zwei stumme Filmstücke: Malerische Aufnahmen von Bergen und Seen im
Salzkammergut, Aufnahmen von Leichen in einem Krematorium und von
geschwächten Überlebenden, die von anderen Überlebenden gestützt werden.
Die Todesmühlen
D/USA 1945, Prod.: Information Control Division (ICD) für das Office of
Military Government for Germany United States (OMGUS), Regie: Hanuš
Burger, Schnitt-Überwachung: Billy Wilder. 22 Min., dt. OF, Video
"Die Todesmühlen" von Hanuš Burger unter der Oberaufsicht von Billy
Wilder erstellt, zeigt die Weimarer Bevölkerung, die im Sommer 1945 auf
Anweisung der Amerikaner das nahegelegene KZ Buchenwald besichtigen
müssen und überblendet dann zu Bildern jener Menschen, die nur ein paar
Jahre zuvor begeisterte Nazis waren, den Arm zum Hitlergruß erhoben, auf
dem Parteitag, in den Straßen. Burger dazu: "Diese Menschen wollte ich
mit Hilfe dokumentarischer Bilder durch all die Jahre begleiten. Wie sie
ein wenig später ohne Protest die Arbeitsplätze der Opfer einnahmen,
ihre Läden, Wohnungen und Firmen. Wie sie das Beutegut aus den
überfallenen Gebieten empfingen, wie sie einmarschierten, bewachten,
abtransportierten, hinrichteten. Wie sie dann in den Kellern saßen oder
in den Gräben von Stalingrad, und wie sie dann sagten, sie hätten von
nichts gewußt."
Les Camps le la Mort (Lager des Todes)
F 1945, Prod.: Les Actualités Françaises. 18 Min, frz. OF mit
eingesprochener dt. Übersetzung, Video
"Les Camps de la Mort" ist der durch die Wochenschau "Les Actualités
Françaises" aufgenommene französische KZ-Film, der als einziger der
sogenannten "Atrocity-Filme" noch bis in die 50er Jahre in Deutschland
verfügbar blieb.
Oswiecim (Auschwitz)
UdSSR 1945, Prod.: Soviet Army Film Unit / Zentrales Studio für
Dokumentarfilme Moskau, Kamera: A. Woronzow, M. Oschkurow, u. a.
Schnitt: Elisaveta Svilova. 21 Min., dt. Fassung, Video
"Der Film zeigt Szenen aus Auschwitz nach der Befreiung durch die Rote
Armee und ist zusammengestellt aus Material, das ein Filmteam der Ersten
Ukrainischen Front gedreht hat. Schauplätze sind das Stammlager
Auschwitz (Auschwitz I), das Lager Birkenau (Auschwitz II) und das
Industriegelände von Buna-Monowitz (I.G. Farbenindustrie A.G.).
Überlebende werden gezeigt, sowie die Behandlung durch sowjetische
Ärzte. Verwendet werden Filmaufnahmen, die zwischen Februar und Mai 1945
in Auschwitz und Auschwitz-Birkenau gedreht wurden, darunter auch
Aufnahmen vom Mai 1945 aus einer nachgestellten Befreiung des
Vernichtungslagers." (Cinematographie des Holocaust)
A Defeated People (Ein besiegtes Volk)
GB 1945/46, Regie: Humphrey Jennings, 19 Min, engl. OF, Video
In Humphrey Jennings "A Defeated People" geht um die Bewährung von
Menschen in Krisensituationen. Diesmal sind es die Deutschen, die nach
der Kapitulation in einem verwüsteten Land wieder zum Alltag
zurückkehren und mit Vitalität auch in Ruinen sich einrichten. Es ist
kein Erfolgsbericht der britischen Besatzungsbehörden, sondern eine der
differenziertesten Darstellungen der Re-education-Politik überhaupt.
Sein Referenzsystem lautet: "Ja, aber...". Ja die Kohle wird wieder
gefördert, aber für die Menschen ist keine übrig. Ja, die Verkehrswege
sind z. T. mit improvisierten Pontonbrücken wieder in Betrieb genommen,
aber die Bevölkerung muss vor der britischen Armee zurückstehen. Ja, die
Züge fahren wieder, aber sie haben kaum die notwendigen
Transportkapazitäten. Der Zusammenbruch der gesamten Infrastrukturen
wird nicht geschönt.
Frischer Wind in allen Gassen
D 1951, Prod.: Fritz Peter Buch, 17 Min., dt. OF, Video
Die Darsteller sind Schüler und Einwohner der Stadt Eberbach am Neckar.
In dieser Stadt wird an drei Tagen im Jahr die Stadtverwaltung von der
Jugend übernommen, damit die jungen Menschen schon frühzeitig einmal
einen Einblick in die Grundprobleme der örtlichen Verwaltung bekommen.
Der Film schildert die Erlebnisse einzelner Jungen und Mädchen während
ihrer Amtszeit.
Einleitung und Gespräch mit Thomas Tode, Filmemacher und
Filmwissenschafter, Hamburg. Publikationen u.a.: "Chris Marker,
Filmessayist." (Mithg.), "Dziga Vertov: Arbeitshefte/Tagebücher" (Hg.).
Eine Veranstaltung im Rahmen der Aktionsplattform Gegen-Jubiläum 2005:
http://www.oesterreich-2005.at
***
Vorschau:
#124
Dienstag, 1. Februar bis Freitag 4. Februar 2005, jeweils 19:30
kinokis mikrokino präsentiert in Kooperation mit dem Aktionsradius Augarten:
ROM SAM. ICH BIN MENSCH. ICH BIN ZIGEUNER.
VIER FILMABENDE ZUM 10. JAHRESTAG DES ATTENTATS VON OBERWART
Aktionsradius Augarten, 1200, Gaußplatz 11, Eintritt jeweils 5 Euro
(Infos & Kartenreservierung: Tel. 332 26 94, > 31, 5A oder U4
Friedensbrücke)
Anlass dieses thematischen Schwerpunkts ist der 10. Jahrestag des
Attentats von Oberwart. Bei dem Bombenanschlag am 4. Februar 1995
starben Josef Simon, Erwin Horvath, Karl Horvath und Peter Sarközi aus
der Oberwarter Roma-Siedlung. Neben vier Filmabenden finden dazu im
Aktionsradius Augarten auch Konzerte und eine aufregende Premiere des
Wiener Lesetheaters statt, deren Stoff u. a. das Protokoll einer
Bürgermeisterkonferenz zur Lösung der "Zigeunerplage“ ist, die 1934 -
vier Jahre „vor Hitler“ - stattfand. Die beiden Filmemacher Peter Wagner
und Zelimir Zilnik werden bei der Vorführung ihrer Filme anwesend sein.
Dienstag 1.2.
Stefan Horvath, Zigeuner aus Oberwart
Regie: Peter Wagner, A 2004, Video
Stefan Horvath, der im aktuellsten Film Peter Wagners porträtiert wird,
lebt in der Roma-Siedlung in Oberwart. 1995 verlor er bei der Detonation
der Oberwarter Rohrbombe unweit der Siedlung einen Sohn. Danach litt er
an Schlafstörungen zu jener Nachtzeit, als die Detonation passierte, bis
er eines Tages ein probates Mittel zur Überbrückung dieser Zeit fand: er
begann zu schreiben. Was er zunächst aufzeichnete, waren in der Ich-Form
gehaltene Erzählungen seiner Elterngeneration, die den systematischen
Mord an den Roma thematisieren. Gerade das, sagt er, sei das Problem der
Roma: sie hätten sich niemals mit ihrer Deportation und Vernichtung
während der NS-Zeit auseinander gesetzt. Stefan Horvath will mit seinen
Erzählungen den Roma seiner Heimat eine Erinnerung nachliefern, von der
er glaubt, dass sie vielfach befreiende, wenn auch teilweise
schmerzhafte Wirkung haben könnte.
Horvath, Stefan: Ich war nicht in Auschwitz. Erzählungen. Hrsg.:
Horvath, Horst; Wagner, Peter; Übers. ins Roman: Gärtner-Horvath,
Emmerich. Edition lex liszt 2003, ISBN 3-901757-35-10
Mittwoch 2.2.
Eine lästige Gesellschaft
Regie: Claudia Fischer und Marika Schmiedt, Video
Eine niederösterreichische Zigeunerin steht im Mittelpunkt dieses Films.
Er zeigt Marika Schmiedts mühsame Spurensuche nach den Mitgliedern ihrer
Familie. Im Zuge dieser Nachforschungen entrollte sich vor den Augen der
Wiener Filmemacherin und Malerin das Schicksal ihrer Großmutter.
Unzählige Archive und Gedenkstätten haben Fischer und Schmiedt für ihre
Recherchen aufgesucht. Mit kaum mehr als einem ausgebleichten Bild
begannen die beiden ihre Recherche, in deren Verlauf deutlich wurde, wie
mühevoll es ist, ohne dokumentierte Vergangenheit zu einer gegenwärtigen
Identität zu finden: Spätfolge des Holocaust, mit dem die Roma auf diese
Weise noch heute zu kämpfen haben.
Donnerstag 3.2.
Die Roma-Schauer
Regie: Peter Wagner, A 2004, Video
„Die Roma-Schauer“ dokumentiert die zunächst harmlose Reise einer etwa
20-köpfigen österreichischen Gruppe zu einem als folkloristisch
angekündigten Roma-Festival in der zentralbulgarischen Stadt Sliven. Am
6. Mai begeht Bulgarien seinen höchsten kirchlichen Feiertag, den
Namenstag des Hl. Georg, traditionell auch für die Roma der wichtigste
Festtag des Jahres. Die am „Multikulturellen“ interessierten
ÖsterreicherInnen kamen mit der Erwartung, ein buntes Roma-Festival mit
viel Musik, Tanz, Essen und ausgelassener Stimmung zu genießen und einem
aufgeklärten „Roma Schauen“ zu frönen. Es kommt anders: Das angekündigte
Festival ist kein Festival, sondern eine vornehmlich für die Gäste
ausgerichtete Darbietung, die die vermeintlichen Roma-Schauer selbst zu
en Beschauten, zu den eigentlichen Exoten im Roma-Ghetto der Stadt Siven
macht. Der Großteil der Reisegruppe kommt mit der ihnen dargebotenen
Realität nicht zurande und kann die Scham angesichts des eigenen
Voyeurismus kaum unterdrücken kann. Peter Wagner war die gesamte Reise
über mit seiner Kamera dabei.
Anschließend Gespräch mit Peter Wagner.
Freitag 4.2.
Kenedi se vraca kuci / Kenedi Goes Back Home
Serbien-Montenegro 2003, 74 Min., Originalfassung mit englischen
Untertiteln, DVD
Regie: Zelimir Zilnik, Drehbuch: Zelimir Zilnik, Kamera: Miodrag
Milosevic, Schnitt: Marko Cvejic. Mit Kenedi Hasani, Denis Ajeti,
Dzemsit Buzoli, Sabaheta Alijevic, Mevlan Alijevic
"Kenedi se vraca kuci" heißt Zelimir Zilniks jüngster Film. Wie frühere
Arbeiten handelt es sich dabei nicht um einen Dokumentarfilm im
klassischen Sinn, sondern mehr um eine dokumentarische Intervention:
Kenedi, ein junger Mann aus dem Kosovo, selbst von der Abschiebung aus
Deutschland betroffen, fungiert dabei als eine Art Mittelsmann zwischen
Filmteam und anderen unfreiwillig Heimgekehrten, die im Gespräch mit ihm
von ihren Erfahrungen berichten.
Mitten in der Nacht habe man sie geweckt, erzählt etwa ein aufgebrachter
Familienvater während einer langen Autofahrt, um sie Stunden später in
ein Flugzeug nach Belgrad zu setzen. Seit 1991 habe er mit seiner Frau
und zwei Kindern in Deutschland gelebt und gearbeitet. "Meine Kinder
sind hier Analphabeten." - das kyrillische Alphabet oder die serbische
Sprache sind ihnen fremd, ihr Deutsch ist dagegen ausgezeichnet.
Ähnliches hat auch Johnny zu berichten - ein Jugendlicher, den Kenedi
ebenfalls am Belgrader Flughafen aufgabelt und der auf der Suche nach
seinen Angehörigen ist. Gegen Ende des Films führt er im Belgrader
Goethe-Institut ein langes Gespräch mit einem bayrischen
Grenzpolizisten. "Würde ich zurückgehen können?", fragt er schließlich.
"Ich glaube nicht.", sagt der Mann.
Aus solchen Situationen, in denen sich die Auswirkungen politischer
Verfügungen und bürokratischer Vorgänge individuell konkretisieren,
formt "Kenedi se vraca kuci" ein raues Bild weitgehend ausgeklammerter,
europäischer Realität. (Isabella Reicher)
Anschließend Gespräch mit Zelimir Zilnik.
Weitere Veranstaltungen im Aktionsradius Augarten (jeweils 19:30):
Dienstag 8.2.: "Die Zigeunerplage“, Lesetheater mit Christoph Krutzler
und Peter Wagner. Nachspiel: „Der lasterhafte Herr Krutzler spricht über
sein Kemeten“ (Video, Uraufführung).
Dienstag 15.2.: Ein Abend für www.gipsy-info.at; Vorfilm: „gipsy-info on
tour“ von Friedemann Derschmidt.
Dienstag 22.2.: Kohelet 3 – Erstmals mit Roma-Programm
Mittwoch 23.2.: Mosa Sisic & The Gipsy Express. Beginn 19.30 Uhr;
Eintritt: 10 Euro, Ort: Carioca, 1200 Wien, Wasnergasse 17
Info: http://www.aktionsradius-augarten.at
***
Wir freuen uns folgenden Termin bekannt zu geben, eine Zusammenarbeit
von Kinoki Lumal und dem kinder-café lolligo:
Dienstag, 18. Jänner, 20.00 Uhr, Lolligo
"Schamanismus und Widerstand im Amazonas" mit Henri Corradini
Henri Corradini ist Ethnologe, Forscher und Filmemacher aus Frankreich.
Er lebt seit über 40 Jahren in Venezuela mit den Panare Indígena im
venezolanischen Amazonasgebiet. Corradini hat seine außergewöhnlichen
Unternehmungen mehrere Jahrzehnte hindurch filmisch dokumentiert &
stellt einiges davon jetzt erstmals in Österreich vor.
Themen: - Schamanismus im Amazonas
- Indigene Würde und kultureller Widerstand
kinder-café lolligo
fischerstiege 4-8, 1010 wien
öffnungszeiten: DO & FR 16-19 uhr, SO 14-17 uhr
***
Hinweise:
1.) Website der Plattform Österreich 2005: Das Vorsorgepaket gegen ein
Jahr Heimat-Feiern
2.) 13.-20.1., Kino de France: Kurdische Filmwoche
3.) 13., 14., 15., 21. + 22.1., Rabenhof: The Great Television Swindle
4.) 19.1., Metro Kino: Eröffnung "Filmhimmel Österreich"
5.) 19. + 20.1., Fluc: Bombenstimmung - Zustände der österreichischen
Erinnerungskultur. Diskussionen.
6.) 20.1., Public Netbase: First of May. The City Factory. Screening und
Diskussion
7.) 22.1., HTU Audi Max: Kuba-Filmtag ab 16h
8.) 21.-27.1./29.1.-4.2., Top Kino: Things. Places. Years. Von Klub Zwei
(Simone Bader und Jo Schmeiser)
9.) Filmmuseum: Luchino Visconti (bis 3.2.), Boris Barnet (28.1. - 9.2.)
***
1.) Website der Plattform Österreich 2005: Das Vorsorgepaket gegen ein
Jahr Heimat-Feiern
http://www.oesterreich-2005.at/
***
2.) 13.-20.1., Kino de France: Kurdische Filmwoche
http://www.sercavan.at/
***
3.) 13., 14., 15., 21. + 22.1., Rabenhof: The Great Television Swindle
http://www.rabenhof.at/more_info_2.htm#TVswindle
The Great Television Swindle
Eine Expedition durch 50 Jahre Fernsehgeschichte
Weitere Termine: 13., 14., 15., 21., 22. Jänner 2005, 20:00
Wo: Rabenhof (Rabengasse 3, 1030 Wien)
„In dieses Kastl wird eh niemand einischaun“ (Julius Raab 1956, über
die Zukunft des Fernsehens)
Maschek decken auf: Dass man das Fernsehen „den Roten überlassen“
könne, stellte sich schon nach kurzer Zeit als fatale
Fehleinschätzung der schwarzen Politik heraus. Der Kampf der ÖVP um
die Rückeroberung des österreichischen Fernsehens tobt nun seit
fünfzig Jahren hinter den Kulissen:
The Great Television Swindle ist eine De- und Rekonstruktion von
Fernsehmaterial, drastische Umdeutung, brachiale Neusynchronisation
und verschrobene Montage und Collage. Es bürstet das
öffentlich-rechtliche Staatsfernsehen gegen seine Stromlinienform
und entkräftet das Klischee, dass Fernsehen früher besser gewesen wäre.
***
4.) 19.1., Metro Kino: Eröffnung "Filmhimmel Österreich"
http://www.filmarchiv.at
Eröffnung "Filmhimmel Österreich"
Mi 19.1.2005
Metro Kino (1., Johannesgasse 4; Abendkasse T. 512 18 03)
Termine und Infos unter www.filmarchiv.at
Start am 19. Jänner 2005 (1. Zyklus bis Februar 2008)
Jeweils zwei Programme am ersten und dritten Mittwoch im Monat (außer
Juli bis Oktober)
Freier Eintritt für Filmarchiv-Austria-Mitglieder
FILMHIMMEL, A 2004
Dietmar Brehm
[DIE UNVOLLSTÄNDIG WIEDERHERGESTELLTE STATION IN KOPYCZYNCE], A um 1916
Sascha-Film
MASSENAUFMARSCH DER WIENER ARBEITER ZU EHREN DES INTERNATIONALEN
GEWERKSCHAFTS-KONGRESSES, A 1924
Allianz-Film
HOF OHNE MANN, D 1944
Walter Robert Lach
DER RABE, A 1951
Kurt Steinwendner
DIE DEUTSCHMEISTER, A 1955 (1. Rolle)
Ernst Marischka
15. MAI 1966, A 1966
Ernst Schmidt Jr.
OUTER SPACE, A 1999
Peter Tscherkassky
Begleithefte/Sammelmappen:
Filmarchiv-Austria-Mitglieder profitieren bei Filmhimmel Österreich
doppelt: Zum einen können sämtliche Programme mit der jeweils gültigen
Jahresmitgliedskarte kostenlos besucht werden, außerdem erhalten
Mitglieder das Begleitmaterial zu den Präsentationsterminen gratis. Der
nachträgliche Erwerb der einzelnen Begleithefte ist vorbehaltlich
Verfügbarkeit zum Preis von € 2,– möglich.
Die Sammelmappe 1 mit vollständigem Materialsatz (Hefte 1–50) kann bis
zur Ausgabe des 50. Heftes (Juni 2006) zum Subskriptionspreis von € 80,–
bestellt werden.
Die Sammelmappe 2 für die Hefte 51–100 wird im Juni 2006 aufgelegt.
Metro Kino
1., Johannesgasse 4; Abendkasse T. 512 18 03
Shop im Audiovisuellen Zentrum
2., Obere Augartenstraße 1; T. 216 13 00; shop@filmarchiv.at
Zyklische Präsentationsreihe »Filmhimmel Österreich«
Als wesentliches Element in der Arbeit der Vermittlung und des Zeigens
entwickelte das Filmarchiv Austria einen umfangreichen Korpus zur
Präsentation einer Geschichte des österreichischen Films von den
Anfängen bis zur Gegenwart. Dieser Körper umfasst einhundert
Filmprogramme und ist dynamisch gestaltet. Das System bleibt einerseits
offen für Neuentdeckungen und Neurestaurierungen, andererseits können
filmische Arbeiten der Gegenwart Teile dieser großen Erzählung ergänzen
oder ablösen. Die Montage umfaßt Spiel-, Dokumentar-, Avantgarde- und
Werbefilme.
Eine Kanonisierung im Sinne der Festschreibung einer Geschichte der
Meisterwerke wird nicht angestrebt. Filmgeschichte erkennt weder
Geschichtswürdigkeit zu oder ab, noch propagiert sie Wertungsraster.
Vielmehr entdeckt und formuliert filmhistorische Forschung
Zusammenhänge, Entwicklungen, offene und versteckte Verbindungslinien im
Ästhetischen wie im Gesellschaftlichen.
Einen wesentlichen Bezugspunkt finden Sehen wie Auseinandersetzung mit
historischen Filmen im Aktuellen, in der Gegenwart. »Geschichte ist
Gegenstand einer Konstruktion«, schreibt Walter Benjamin, »deren Ort
nicht die homogene und leere Zeit sondern die von Jetztzeit erfüllte
bildet.« (Walter Benjamin: Über den Begriff der Geschichte, in: ders.,
Gesammelte Schriften I/2, Frankfurt am Main 1980, S. 701.)
Filmgeschichtliches Denken und Arbeiten braucht den »Tigersprung ins
Vergangene«. Dieser schafft Lücken, nimmt Umwertungen vor, bringt auf
Fährten zu bislang abseits Gelegenem. Er hilft, Geschichte gegen den
Strich zu bürsten und Momente aufzuspüren, in denen Bilder des Kinos zu
einer Lesbarkeit gelangen.
Die Programme des »Filmhimmel« werden thematisch in sieben Kapitel
zusammengefaßt. Diese Kapitel ziehen historische Bögen vom Ende des 19.
Jahrhunderts bis in die Gegenwart und lauten: »I. Das Privileg zu
sehen«; »II: Der Grosse Krieg dauert«; »III. Wer wird die Welt
verändern? / Masse und Macht«; »IV. Techniken des Überlebens«; »V. Über
Ruinen zu neuem Leben / Kontinuitäten«; »VI. Nicht versöhnt /
Geschichtsarchäologie«; »VII. Das Eigene / das Offene«.
Jedes Programm wird mit einer Einfürung begleitet, Stummfilme werden mit
Live-Musik vorgeführt. Dazu erscheinen kommentierende und vertiefende
Begleitmaterialien (literarische, biografische, historische Zeugnisse
und Dokumente, Werkstattgespräche, Drehbuchauszüge, historische Kritiken
sowie aktuellen Anmerkungen, Aufsätzen etc.) in Heftform zum Sammeln.
Diese Materialien können in eigenen Ordnern archiviert werden, sodass
nach und nach ein Kompendium zur österreichischen Filmgeschichte entsteht.
Teile des Filmhimmelprogramms können, wie das Begleitmaterial, für
entsprechenden medienpädagogischen Unterricht, beispielsweise an
Schulen, adaptiert, erfahrene Pädagogen zur Vermittlungsarbeit empfohlen
werden. In einem weiteren Entwicklungsstadium sollen englisch
untertitelte Kopien sowie Übersetzungen der Begleitmaterialien für den
Auslandseinsatz hergestellt werden.
Von November bis Juni werden pro Monat an jedem ersten und dritten
Mittwoch vier Programme gezeigt, der Zyklus kehrt somit nach rund drei
Jahren wieder.
Kuratoren: Elisabeth Büttner, Christian Dewald
***
5.) 19. + 20.1., Fluc: Bombenstimmung - Zustände der österreichischen
Erinnerungskultur. Diskussionen.
http://bombenstimmung.pips.at/
Bombenstimmung
Zustände der österreichischen Erinnerungskultur
Diskussionsveranstaltung am 19. Januar und 20. Jänner 2005, jeweils
17:30 Uhr – 21:00 Uhr
im FLUC, Praterstern, 1020 Wien [Bahnhof Wien Nord bei der
Fahrradunterführung zur Praterhauptallee]
2005 jährt sich – so genannt rund – Kriegsende, Unterzeichnung des
Staatsvertrags, der Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft, Wolfgang
Schüssel und vieles andere. Auch genannt: Jubiläum. In einem ganz realen
politischen Klima von Rassismus und Geschichtsrevisionismus sollten die
Kerzerln ausgeblasen sein, bevor die Party beginnt.
Die Veranstaltung behandelt Aspekte des Jubiläums, Zustände des
österreichischen Gedenkens zwischen Eventisierung und struktureller
NS-Leugnung, die Entwicklung der Erinnerungskultur nach 1945 sowie
Möglichkeiten der kritischen Darstellung und Visualisierung von
Geschichte, etwa auch konkrete Gegenprojekte im Kontext österreichischer
Gedenkpolitik der letzten Jahre. Wo steht die Republik, vier Jahre,
nachdem Wolfgang Schüssel am Gedenktag zum Novemberpogrom den sog.
"Opfermythos" quasi offiziell wieder festschrieb, oder ein Jahr, nachdem
aus demselben Umfeld und darüber hinaus einmal mehr Mitgefühl und
Hochachtung für einen austrofaschistischen Diktator eingefordert wurde?
Welchen Platz erkämpft sich eine freiheitliche Partei im Jubeltrubel
2005? Und welche Strategien und Gegenprojekte können 2005 und darüber
hinaus kritische Relevanz entwickeln?
Fragen, die an den beiden Tagen im Januar im Fluc am Praterstern Thema
sein werden. ReferentInnen aus verschiedenen Zusammenhängen von Kunst,
Politik und Kultur werden dort einen diskursiven Rahmen für ein
Nachdenken über 2005 und danach stecken.
Programm:
Mittwoch 19. Jänner 2005
17:30 Uhr – 21:00 Uhr
Referate:
- Siegfried Mattl: Tücken der Erinnerung, Listen des Vergessens [mehr ... ]
- Heribert Schiedel: Formen des Vergessens: Von der Leugnung über die
Relativierung zur Desavouierung [mehr ... ]
- Tina Leisch: Hvala partizanko za mir i svobodu! Die PartisanInnen
feiern! [mehr ... ]
Anschließend: Diskussion
Donnerstag 20. Jänner 2005
17:30 Uhr – 21:00 Uhr
Referate:
- Sylvia Köchl (gemeinsam mit Freundinnen): Das Erinnern erben. Berichte
von feministischen Praxen in Ravensbrück und Mauthausen. [mehr ... ]
- Claudia Kuretsidis-Haider: Gedenken und Mahnen. NS-Herrschaft,
Erinnerungskulturen und Gedächtnislandschaften nach 1945 [mehr ... ]
- Martin Krenn: Rückgabe – eine Intervention [mehr ... ]
- Café Temelín - nie wieder heimat: Haus der Heimat: Österreichs
Vertriebenenverbände zwischen Rechtsextremismus und Parlamentarismus
[mehr ... ]
Anschließend: Diskussion
Freitag 21. Jänner 2005
12 Uhr
Rundgang mit Stephan Roth durch die Leopoldstadt: Zur Geschichte von
Juden und Jüdinnen im Zweiten Wiener Gemeindebezirk. Und zum Umgang mit
Vertreibung und Shoa nach 1945.
Treffpunkt: Tegethoff-Denkmal am Praterstern
Bombenstimmung ist eine Veranstaltung im Rahmen des
Ausstellungsprojektes
„MEDIALISIERUNG/ARBEIT/SPATIALISIERUNG/(RE)POLITISIERUNG“ der Klassen
für Post-Konzeptuelle Kunst und Performative Kunst – Bildhauerei der
Akademie der Bildenden Künste Wien
Konzept: Eva Egermann, Eduard Freudmann, Kaj Osteroth, Thomas
Schoiswohl, Henning Schorn, Nina Stuhldreher, Luisa Ziaja.
***
6.) 20.1., Public Netbase: First of May. The City Factory. Screening und
Diskussion
http://www.republicart.net/cal/oedp_index.htm
EINLADUNG
*First of May. The City Factory**
Screening und Diskussion mit Marcelo Expósito und Gerald Raunig****
*
Donnerstag , *20. Jänner 2005, 19.00 Uhr**
*Public Netbase, Zwischenquartier
1070 Wien, Burggasse 21
Das aktuelle Video des spanischen Künstlers Marcelo Expósito beschreibt
den Übergang von fordistischen zu postfordistischen Arbeitsverhältnissen
anhand von laufenden Bildern aus dem 20. Jahrhundert. Von der klassisch
fordistischen Produktion in den FIAT-Werken der 1930er bis zur heutigen
"fabbrica diffusa" werden dabei verschiedene Widerstandsformen in den
Blick genommen: Streik und Intervention in die Stadt als Gelände der
postfordistischen Fabrik. Auf der Basis des Virtuositätskonzepts des
italienischen postoperaistischen Theoretikers Paolo Virno und der Praxis
des aktivistischen Kollektivs Chainworkers eröffnet das Video die
Geschichte des 1. Mai als Aktionstag der Linken bis hin zu ihrem
neuesten Schrei: den durch Performativität und Zeichenproduktion
geprägten Aktionen im Rahmen des transnationalen EuroMayDay.
Marcelo Expósito ist Künstler und Aktivist, lebt in Barcelona und hat
bei der Organisation des EuroMayDay 2004 in Barcelona mitgewirkt.
Gerald Raunig ist Philosoph und Kunsttheoretiker, eipcp, Wien.*
*
*eipcp - discursive lines * Öffentlichkeiten des Prekariats *
Screenings und Diskussion*
*WEITERE VERANSTALTUNGEN
*
Précarité/Precariedad/Precarietà/Prekarität/Precariteit*
mit Lize De Clercq, Gianluca Saporito und Nicolas Denis, P2P
Fightsharing, Rom
Freitag, 28.1.2005, 19.00
Depot, 1070 Wien, Breitegasse 3
A la deriva, por los circuitos de la precariedad feminina
mit Cristina Vega, Maggie Schmitt, Precarias a la Deriva, Madrid und
maiz, Linz
Freitag, 25. Februar 2005, 19.00
Depot, 1070 Wien, Breitegasse 3
Samstag, 26. Februar 2005, 19.30
maiz, 4040 Linz, Hofgasse 11**
---
eipcp - european institute for progressive cultural policies
a-1060 vienna, gumpendorfer strasse 63b
contact@eipcp.net
www.eipcp.net
www.republicart.net
***
7.) 22.1., HTU Audi Max: Kuba-Filmtag ab 16h
http://www.cinestudio.at
HTU-CineStudio
Audi-Max der TU-Wien
1060, Getreidemarkt 9
Jänner 2005
Donnerstag, 13.1.2005
19.00 Eternal Sunshine of the Spotless Mind (OmU)
Dienstag, 18.1.2005
19.00 Tan de repente (OmU)
Donnerstag, 20.1.2005
19.00 Moebius (OmU)
Samstag 22.1. : HTU-FILMTAG in Kooperation mit der
Österreichischen-Kubanischen Gesellschaft ÖKG http://www.cuba.or.at/
FILMLAND KUBA
16.00 Der junge Rebell (DF)
18.00 The Motorcycle Diaries (OmU)
20.15 Suite Habana (OmU)
21.45 Alicia im Ort der Wunder (OmU)
23.45 Sacrificio Who betrayed Che Guevara? (OmU)
Dienstag, 25.1.2005
19.00 Deserts & Backbones Schiffe aus Sand (OmU)
Freitag, 28.1.2005
19.00 Cine Latino Überraschungsfilm (OmU)
das HTU-Kino-Team (Kurt Hoffmann, Manfred Rakouwsky)
***
8.) 21.-27.1./29.1.-4.2., Top Kino: Things. Places. Years. Von Klub Zwei
(Simone Bader und Jo Schmeiser)
http://www.topkino.at
Kinostart: "Things. Places. Years." von Klub Zwei (Simone Bader und Jo
Schmeiser) wird vom 21. bis 27. Jänner jeweils um 19 Uhr sowie vom 29.
Jänner bis 4. Februar jeweils um 21 Uhr im TOPkino gezeigt
(Kartenreservierung: Tel. 208 30 00).
Thing. Places. Years.
Dokumentarfilm, Farbe, 70 Min, DV-Cam, engl. OF mit dt. UT
Das Wissen Jüdischer Frauen. Absenz und Präsenz. Wien und London.
Produktion: Amour Fou Filmproduktion,
Regie / Konzept / Interviews: Klub Zwei (Simone Bader & Jo Schmeiser)
Konzept / Orte: Rainer Egger
Kamera: Anita Makris, Daniel Pöhacker, Rainer Egger
Schnitt: Maria Arlamovsky, Klub Zwei, Dieter Pichler
Musik: Daniel Pöhacker, Zenzile & Jamika Ajalon
DarstellerInnen: Geraldine Auerbach, Josephine Bruegel, Erica Davies
Festivals:
diagonale 2004
leeds int film festival 2004, 17.10.-7.11.04
Jüdische Filmwoche 2004 Vienna
Die Dokumentation "Things. Places. Years" versammelt Interviews mit
jüdischen Frauen, die als Kinder oder Jugendliche aus dem
nationalsozialistischen Wien nach London flüchten konnten. Im Film
kommen die Emigrantinnen, ihre Töchter und Enkeltöchter zu Wort.
Zentrales Thema ist die Erfahrung von Vertreibung, Emigration und
Holocaust eine Erfahrung, die von Generation zu Generation weitergegeben
wird und im Leben junger jüdischer Frauen bis heute nachwirkt.
***
9.) Filmmuseum: Luchino Visconti (bis 3.2.), Boris Barnet (28.1. - 9.2.)
http://www.filmmuseum.at
Luchino Visconti
10. Jänner bis 3. Februar
Luchino Visconti (1906-1976) zählt zu den einflussreichsten Künstlern
der Nachkriegszeit. Er war einer der Mitbegründer des filmischen
Neorealismus, revolutionierte ab 1945 das italienische Theater und
entwickelte im stetigen Wechsel zwischen Kino, Bühne und Oper eine
singuläre Ästhetik, in der sich diese Ausdrucksformen verbinden.
Viscontis Filme wie etwa Ossessione (1943). La terra trema (1948), Rocco
e i suoi fratelli (1960) oder Il gattopardo (1963) haben die Geschichte
des Kinos entscheidend geprägt, doch obwohl er schon zu Lebzeiten als
Klassiker galt, blieb er stets kontroversiell. Sein Werk und seine
Person sind von Paradoxa durchzogen: Visconti, Sohn des Adels und
Marxist, ist von der untergegangenen Kultur des Fin de siècle, in deren
Geist er erzogen wurde, ebenso fasziniert wie von den (Klassen-)Kämpfen
seiner Zeit. Er formt das Kino, die Kunstform des 20. Jahrhunderts, neu
aus dem epischen Atem, der die Literatur und Musik des ausgehenden 19.
Jahrhunderts prägte.
Visconti wendet sich immer wieder der Weltliteratur zu (Dostojewskij,
Lampedusa, Camus, Thomas Mann) und inszeniert mehrmals historische
Stoffe, aber er verliert die Gegenwart nie aus den Augen. In Viscontis
Kino entsteht ein Portrait der geschichtlichen Kräfte, die das
politische und ästhetische Empfinden des 20. Jahrhunderts bestimmt
haben. Mit atemberaubender Dekorversessenheit, die ein Maximum an
realistischem Detail und kunstvoller Stilisierung anstrebt,
rekonstruiert er eine "verlorene Zeit", deren Untergang unausweichlich
erscheint - die aber stets auch die Möglichkeit eines anderen
Geschichtsverlaufs evoziert. Er erschafft eine eigene Poetik der Zeit:
genuine "Zeit-Bilder", die ihn als großen Dialektiker ausweisen.
Viscontis Jugend ist vom aristokratischen Lebenswandel bestimmt. Geboren
als Herzogssohn in Mailand, erhält er eine umfassende Bildung, führt ein
finanziell unabhängiges Dasein, zunächst als Pferdezüchter und
Reisender. In den 30er Jahren beginnt er sich für Theater und Kino zu
interessieren, die Begegnung mit Jean Renoir (dessen Film Une partie de
campagne er 1936 als Regieassistent begleitet) prägt ihn entscheidend:
Er beginnt sich politisch zu engagieren, wird Mitarbeiter der
Filmzeitschrift Cinema, wo sich in den ersten Kriegsjahren jene
oppositionellen Kräfte sammeln, die bald den neoverismo begründen
werden. Sein Debüt, das naturalistische Krimi-Melodram Ossessione wird
zwar wegen seiner sozialkritischen Tendenz prompt verboten, wirkt aber
wie ein neorealistisches Manifest: Kino über den Konflikt zwischen
"lebendigen Menschen und den Dingen, in denen sich gesellschaftliche
Zwänge spiegeln".
Nach Kriegsende wird Visconti zum Erneuerer des italienischen Theaters,
inszeniert mehrere Opern, darunter einige der wichtigsten
Callas-Aufführungen, und überträgt diese Erfahrungen auf seine
Kino-Arbeit (bzw. umgekehrt). Politisch bekennt er sich zu Gramscis
Marxismus der Krise. La terra trema, seine Erzählung vom Untergang einer
sizilianischen Fischerfamilie angesichts des hereinbrechenden
Kapitalismus, ist einer der Klassiker des realistischen Films, weist
aber zugleich schon opernhafte Züge auf. Mit seinem ersten historischen
Drama Senso (1954) meistert Visconti jene spezifische Idee des
Gesamtkunstwerks, die ihm vorschwebt: eine Verbindung von filmischer
Opulenz, theatralischer Choreografie und einer zutiefst zeitgenössischen
Konstruktion von Geschichte.
Ein möglicher Kulminationspunkt seiner Kunst ist die unvergleichliche,
vierzigminütige Ballsequenz am Ende von Il gattopardo, die wie ein
Bewusstseinsstrom des Protagonisten gestaltet ist: Der alte Fürst
realisiert während des Garibaldi-Befreiungskriegs, dass seine Welt zum
Vergehen bestimmt ist. Das Thema des Untergangs prägt auch Viscontis
Spätwerk: In seiner "Deutschen Trilogie" (1968-73) beschäftigt er sich
mit dem Umschlag der aristokratisch-bürgerlichen Kultur in Todeskult und
Barbarei während der Nazizeit (The Damned) bzw. mit ihrem anämischen
Vergehen in der ästhetischen Sublimierung (Death in Venice) und der
totalen Weltflucht (Ludwig - Viscontis monumentalstes und persönlichstes
Werk).
Das opernhafte Pathos und die extreme Stilisierung im Spätwerk tragen
Visconti den Vorwurf der Dekadenz und der Weltfremdheit ein. Seine
letzten beiden Meisterwerke, die er schwerkrank, vom Rollstuhl aus
inszeniert, wirken wie eine Antwort darauf: Gruppo di famiglia in un
interno (1974) handelt von der Unmöglichkeit des Rückzugs in den
Elfenbeinturm, und L'innocente (1976) ist eine endgültige,
rücksichtslose Abrechnung mit jener Geisteshaltung der Jahrhundertwende,
aus der die Monstren des 20. Jahrhunderts hervorgingen.
Die Retrospektive findet mit großzügiger Unterstützung des Italienischen
Kulturinstituts in Wien statt. Auf Initiative des Österreichischen
Filmmuseums wird die Schau im Anschluss auch vom Filmmuseum München und
der Cinémathèque Municipale de Luxembourg gezeigt.
Boris Barnet
28. Jänner bis 9. Februar
Der Boxer, Schauspieler und Filmregisseur Boris Barnet (1902-1965) zählt
zu den großen Meistern des russischen Kinos, doch sein Name und sein
Werk gelten im Westen immer noch als "Geheimtip". Das Filmmuseum zeigt
nun - erstmals in Österreich - eine repräsentative Auswahl aus Barnets
unvergleichlichem, zutiefst lyrischen und komödiantischen Schaffen.
Barnet wird Anfang der 20er Jahre im Boxring "entdeckt": Der Regisseur
Lew Kuleschow nimmt ihn in seine Schule auf und bildet ihn zum
Schauspieler aus. Wenig später debütiert Barnet bereits selbst als
(Co-)Regisseur, mit einer wunderbaren Abenteuerserie in drei Teilen:
Miss Mend (1926). In rascher Folge legt er zwei weitere grandiose,
unglaublich erfindungsreiche Stummfilme vor, die an der Rasanz der
US-Komödien geschult sind und zugleich ein wildes Spiel mit dem
"Apparat" Kino treiben: Das Mädchen mit der Hutschachtel (1927) und Das
Haus in der Trubnaja-Straße (1928). Dem frühen Tonfilm schenkt Barnet
die Meisterwerke Okraina (1933) und Am Rande des blauen Meeres (1936) -
Filme, die bis heute eine Sonderstellung im Weltkino einnehmen.
Barnets bevorzugtes, zwischen Satire und Lyrik schwebendes Idiom hat
Vergleiche mit Lubitsch, Hawks und Tschechow heraufbeschworen. Dies
trifft die ganz eigene, manchmal exzentrische Magie des Barnet-Werks
aber nur zum Teil: Wie kein anderer umgab er sogenannte "Alltagsstoffe"
mit emphatischem Witz, Schönheit und Charme; dazu erfand er
Protagonisten, die diese Welt mit einer unerklärlichen Eleganz
durchqueren - "so als hätte er sie von einer verzauberten Insel geholt",
wie ein russischer Kritiker schrieb.
Boris Barnets Kinematografie ist selbst eine verzauberte Insel, zu der
sich der Seeweg nur von Zeit zu Zeit öffnen will. Sein
traumwandlerisches und populäres Kino passte nicht zur sowjetischen
Doktrin der 1930er Jahre. Er wurde politisch diskreditiert und konnte
seine folgenden Projekte zumeist nur unter größten Mühen und
"Verbiegungen" realisieren. Obwohl sich darunter herausragende Filme wie
Goldener Sommer (1951) oder Aljonka (1961) und der Kassenerfolg
Heldentat eines Kundschafters (der übrigens als Wladimir Putins
Lieblingsfilm gilt) befanden, war Barnet selbst von seinem Scheitern
überzeugt. 1965 beging er Selbstmord.
Im Westen entdeckte man ihn spät - und bestenfalls sporadisch. Zu sehr
entfernt sich Barnets Werk vom filmhistorischen Klischee des
sowjetischen (Montage-)Formalismus: "Ich bin kein theoretischer Mensch,
ich nehme das Material für meine Filme aus dem Leben." So ist er bis
heute eher eine "Kultfigur" - vor allem für andere Filmregisseure wie
Iosseliani, Scorsese, Godard oder Rivette, der ihn zum "besten
russischen Regisseur neben Eisenstein" erklärte. 1980 wird er anlässlich
einer ersten Retrospektive in London als "einer der größten unentdeckten
Regisseure aller Zeiten" gewürdigt. 25 Jahre später hat sich daran wenig
geändert: eine breitere Wahrnehmung der Kunst von Boris Barnet steht
immer noch aus.
revolution will not be televised
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