[kinoki-mikrokino] #107 - mo 16.2. KAERNTNER PARTISANinnEN / KOROSKI PARTIZANI IN KOROSKE PARTZANKE
Peter Grabher
p@kinoki.at
Wed, 11 Feb 2004 21:02:40 +0100
hallo, die einladung zu unserem themenabend ueber KAERNTNER
PARTISANinnEN ist etwas lang geraten, denn sie enthaelt nicht nur die
vorschau auf unsere spannenden termine im maerz (FORGET BAGHDAD mit
samir aus zuerich, und DIE ERMITTLUNG mit hanne hiob aus muenchen),
sondern auch infos zu einem mikrokino-abend am 8.3. im rahmen der
veranstaltungsreihe KUENSTLERINNEN AGIEREN NACH DEM TOD VON SEIBANE und
einem DIAGONALE-programm mit dem titel FILME, DIE WIR NICHT SEHEN
KOENNEN bei dem wir mitgearbeitet haben. darueberhinaus empfehlen wir
kenan kilics NACHTREISE sowie die aktuellen programme des filmarchivs
(s. u.). mit herzlichem gruss, kinok p
KINOKIS MIKROKINO IM 7*STERN
Politische Filmabende, am 1. und 3. Montag des Monats. UKB 4 Euro
Im Café & Kulturzentrum 7*STERN | Tel: 0699-1-5236157 |
http://7stern.net
1070 Wien, Siebensterngasse 31 (Ecke Mondscheingasse, >13A/49)
kinoki. Verein für audio-visuelle Selbstbestimmung
mikrokino@kinoki.at | http://www.kinoki.at
Newsletter subskribieren unter:
http://www.kinoki.at/mailman/listinfo/kinoki-mikrokino
Einladung #107
Montag, 16. Februar 2004, 20 Uhr
KINOKIS MIKROKINO PRAESENTIERT:
KAERNTNER PARTISANinnEN / KOROSKI PARTIZANI IN KOROSKE PARTIZANKE
Die Kaerntner Partisanen
Gerhard A. Roth, Produktion: ORF, A 2002, 45 Min., Video
<Vor allem in der medialen Skandalisierung der Dokumentation über den
antifaschistischen Widerstand von SlowenInnen in Koroska/Kaernten von
Gerhard Roth fand die in diesem Bundesland schon lange vorherrschende
Dynamisierung der Geschichtsumdeutung (sollte es hierzulande jemals
eine andere gegeben haben) einen neuen Hoehepunkt. Die Wiederentdeckung
der <Deutschen als Opfer> im <vereinten Deutschland> und in Oesterreich
eroeffnet den dahinterliegenden nationalistischen Intentionen dieser
hier seit 1945 gepflegten hegemonialen Erinnerung noch bessere
Aussichten auf Erfolg. Die Verbrechen der Nazis treten immer weiter in
den Hintergrund und (in diesem Fall) die jugoslawischen und
slowenischen Partisanen werden immer mehr als die eigentlichen oder
mindestens genauso ueble Massenmoerder Unschuldiger dargestellt.>
(sputnik)
Andri 1924-1944
Andrina Mracnikar, A 2003, 19 Min., Video
<Andrina Mracnikar hat die Geschichte von Andri, dem Bruder ihrer
Groszmutter, in ihrer Kindheit aufgelesen wie Teile eines großen
unvollstaendigen Mythen-Puzzles. Andri, der von der Gestapo gesuchte
Deserteur und im November 1944 hingerichtete Partisan, spielte die
Rolle des Helden. Und die Partisanenlieder der Kaerntner Slowenen
bildeten den persoenlichen Soundtrack. Ein halbes Jahrhundert spaeter
nimmt Andrina Mracnikar die Puzzle-Teile wieder auf und legt sie
zusammen und zwar nicht, um ein historisch vollstaendiges Bild zu
rekonstruieren, sondern um im klug arrangierten Ineinandergreifen von
Motivumrissen und Leerraeumen den Prozess der Geschichtsbildung zur
Entfaltung zu bringen.> (Robert Buchschwenter)
Helmut Qualtinger liest Texte zur Slowenenfrage
Medienwerkstatt Wien, A 1980, 40 Min., Video
<Das Band entstand als Beitrag zur Oktober-Arena 1980 in Klagenfurt,
einer Veranstaltung zugunsten der slowenischen Minderheit in Kaernten.
Da Qualtinger verhindert war, am 10. Oktober in Klagenfurt aufzutreten,
wurde seine Lesung aus dem Roman <Sieg in deutscher Nacht> von Harald
Irnberger, aufgezeichnet und im Rahmen der Veranstaltung vorgeführt.>
(Medienwerkstatt Wien)
Link:
Kaernten Down Under
http://www.kdu.at/
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Vorschau:
#108
Montag, 1. Maerz 2004, 20 Uhr
KINOKIS MIKROKINO PRAESENTIERT: SAMIR
FORGET BAGHDAD
BILD, GEDAECHTNIS UND SUBJEKTIVITAET IM NAHEN OSTEN
Forget Baghdad
Regie: Samir. Mit: Shimon Ballas, Moshe (Moussa) Houri, Sami Michael,
Samir Naqqash, Ella Habiba Shohat.
D/CH 2002, 110 Min., arab., engl., hebr. mit dt. Kommentar und
Untertitel, Video.
<Der Dokumentarfilm <Forget Baghdad> portraetiert vier
irakisch-juedische Kommunisten im israelischen Exil. (...) Daheim im
Irak waren die vier Protagonisten des Films von ihrem
Selbstverstaendnis her <proletarische Internationalisten>, ihre
juedische Herkunft irrelevant. Doch nicht fuer ihre Umwelt. Spaetestens
ab Anfang der fuenfziger Jahre passten sie nicht mehr ins Konzept des
erstarkenden irakischen Nationalismus, den sie paradoxerweise als
Kommunisten unterstuetzt hatten. Nach dem <Farhud>, dem <brutalen
Schlag>, als Juden auf den Straszen Bagdads ermordet wurden, flohen sie
nach Israel. Doch dort wurden sie nicht mit offenen Armen empfangen,
sondern erlebten, diesmal als orientalische Juden, rassistisch
motivierte Demuetigungen und Diskriminierungen. (...) Alle vier sind
sie Schriftsteller, daneben arbeiten sie als Literaturwissenschaftler,
Journalisten oder Herausgeber. Sie sind nicht nur sprachgewandte und
analytisch denkende Interviewpartner; ihre Biografien spiegeln auch in
besonders eindruecklicher Weise den Schock der kulturellen Entwurzelung.
Doch Samir belaesst es nicht bei dieser Bilanz, sondern stellt den
alten Männern eine juengere Frau zur Seite, die ihre Tochter sein
koennte: Die in Israel geborene irakischstaemmige Filmwissenschaftlerin
Ella Shohat, deren Leben - wie das Samirs - ein Beispiel dafuer ist,
wie irakische <Secondos> sich zwischen den Kulturen eine neue Heimat
suchen. Shohat lebt heute in New York, wo sie unter anderem die Folgen
des Zionismus für die orientalischen Juden erforscht. Ihre
Ausfuehrungen zur laecherlichen Figur des arabischen Juden in
historischen israelischen Filmen ergaenzt Samir mit Ausschnitten aus
solchen <Borekas-Filmen> sowie mit Sequenzen aus alten Revue-,
Propaganda- und Unterhaltungsfilmen, die die Klischees <des Juden> und
<des Arabers> reproduzieren.
<Forget Baghdad> ist ein vielschichtiger, anspruchsvoller, an
Informationen und Bildern aeuszerst dichter Film, der eindruecklich von
der Tragoedie der kulturellen Entwurzelung erzaehlt. Zwar ist er mit
den vielen Interviewsequenzen und unzaehligen Zwischentiteln etwas zu
sprachlastig und didaktisch ausgefallen. Dennoch: Gerade in einer Zeit,
in der im Nahen Osten die Feindbilder geschuert werden, beruehrt dieser
Film, der eine verschwundene, verlorene Welt in Erinnerung ruft, ein
Bagdad, in dem Juden und Araber einst friedlich nebeneinander lebten.>
(Bettina Spoerri)
Gespraech mit Samir, Regisseur von <Forget Baghdad>.
Samir, Regisseur und Produzent, Zuerich; geboren 1955 in Bagdad, Irak.
Nach der Schule fuer Gestaltung in Zuerich Lehre als Typograph,
Ausbildung zum Kameramann in einer groszen schweizerischen
Filmproduktion; in den neunziger Jahren Arbeit für etliche deutsche
Sender (ZDF, WDR, SAT 1, Pro 7) als Regisseur von Fernsehfilmen und
Serien; neben seiner filmischen Taetigkeit Arbeiten im Bereich der
bildenden Kunst; politische Videoarbeit; zusammen mit Werner Schweizer
1994 Gruendung der DSCHOINT VENTSCHR FILMPRODUKTION.
Link:
Dschoint Ventschr Filmproduktion, Zuerich
http://www.dschointventschr.ch/
#109
Montag, 8. Maerz 2004, 18.30 h
KINOKIS MIKROKINO IM WUK IM RAHMEN VON
KUENSTLERINNEN AGIEREN NACH DEM TOD VON SEIBANE
Ausstellung, Konzerte, Filme, Diskussionen, Abschlussfest
2.3.-15.3. im WUK
18:30 –19:45
Schwarzfahrer
Pepe Danquart, BRD 1993, 12 Min., Video, dt. V.
Ein Afro-Amerikaner wird von einer aelteren Dame in der Straszenbahn
rassistisch beschimpft. Niemand tut etwas. Ein Fahrscheinkontrolleur
steigt ein. Da passiert es...
Vielfach ausgezeichneter Kurzfilm über Alltagsrassismus in unseren
Städten.
Wir sind schon da! Ein Film ueber die Sans Papiers
FrauenLesben Filmcollectif Berlin, F/BRD 1997, 63 Min., Video, dt. V.
In diesem Video erzaehlen fünf Frauen der Sans Papiers von der
Entstehungsgeschichte und den Hintergruenden, von der Organisierung der
Frauen innerhalb der Sans Papiers und ihren wichtigsten Forderungen,
z.B. dem eigenstaendigen Aufenthaltsrecht für Frauen. Sie stellen ihre
Situation der Rechtlosigkeit und Marginalisierung in den Laendern des
Nordens ausdruecklich in einen Zusammenhang mit der Geschichte der
Kolonisierung und Sklaverei sowie mit dem heute herrschenden
Nord-Sued-Verhältnis. Madjiguène Cissée vom Kollektiv der Sans Papiers
in St. Bernard formuliert es so: <Unsere Forderungen gehen weit ueber
die Regulierung unserer Papiere hinaus. Es ist sicher, dasz unser
Kampf, den wir - als Volk aus dem Sueden, das hier in Europa lebt -
fuehren, die Frage nach der Nord-Sued-Beziehung stellt.>
Link:
Pajol, ein Netzwerk der Sans papiers und Anti-Abschiebungs-Kampagnen in
Frankfreich
http://pajol.eu.org/
20:00 –21:45
Injustice
Ken Fero & Tariq Mehmood, UK 2001, 98 Min., Video, engl.
Zwischen 1969 und 1999 starben in Groszbritannien ueber 1000 Personen
in Polizeigewahrsam. Kein einziger Polizist wurde jemals fuer einen
dieser Todesfaelle verurteilt. Ken Fero und Tariq Mehmoods engagierter
und kontroversieller Film dokumentiert Todesfaelle in Polizeigewahrsam
ueber einen Zeitraum von von sechs Jahren. Er zeigt den Kampf der
Hinterbliebenen fuer Gerechtigkeit. Er klagt den andauernden Rassismus
im Zentrum des britischen Justizsystems an und feiert die Solidaritaet
der FreundInnen und Familien. Seit seiner Urauffuehrung versucht die
britische Polizei den Film zu verbieten und Auffuehrungen zu
verhindern, indem z. B. die auffuehrenden Kinos bedroht werden.
Eingeschuechterte Kinos sagen Vorfuehrungen ab. An einem Ort
verbarrikadierte sich das Publikum in der Halle und erzwang so die
Vorfuehrung.
<One of the most despairing and powerful films ever made in this
country.> The Guardian
Links:
Website zum Film
http://www.injusticefilm.co.uk
Website von Inquest, einer Kampagne, die sich mit den Todesfaellen in
Polizeigewahrsam beschaeftigt
http://www.inquest.org.uk/
telepolis-Artikel zum Film und zum Thema
http://www.heise.de/tp/deutsch/html/result.xhtml?url=/tp/deutsch/
inhalt/co/9757/1.html&words=Injustice
Organisation:
Sidy M. Wane
fon: 0699/195 73 424
email: contact@gale.at
http://www.gale.at
#110
Montag, 15. März 2004, 19 Uhr
KINOKIS MIKROKINO PRAESENTIERT: HANNE HIOB
DIE ERMITTLUNG
40 JAHRE FRANKFURTER AUSCHWITZ-PROZESS
Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesaengen
Regie: Peter Schulze-Rohr. Buch: Peter Weiss. Mit: Horst Beck, Pinkas
Braun, Ida Ehre, Heinz Giese,Viktor S. Goertz, Hellmut Lange, Hanne
Hiob, Josef Schaper.
D 1966, 155 Min., dt. V., Video.
Vor 40 Jahren - zwischen Dezember 1963 und August 1965 - fand in
Frankfurt am Main der Auschwitz-Prozess statt, in dem die fuer das
Funktionieren der Vernichtungsmaschinerie Verantwortlichen vor Gericht
standen. Am 19. Oktober 1965 fand an 15 Orten in Ost- und
Westdeutschland die Urauffuehrung des dokumentarischen Theaterstueckes
von Peter Weiss statt, welches die Fakten ueber Auschwitz darstellt,
die im Prozess von ueber 300 Zeugen zur Sprache gebracht wurden.
Elf Gesaenge beschwoeren den Ablauf der Menschenvernichtung in
Auschwitz herauf, vom ersten, dem <Gesang von der Rampe> mit der
<Selektion>, der Auswahl der Haeftlinge fuer die Ermordung, bis zum
letzten, dem <Gesang von den Feueroefen>, der Massenverbrennung der
Leichen in den Krematorien, in denen im Sommer 1944 bis zu 20.000 durch
Gas vergiftete Haeftlinge taeglich vernichtet wurden. 1.350.000
Juedinnen und Juden aus ganz Europa, sowie Zehntausende Zigeuner und
sowjetische Kriegsgefangene wurden in Auschwitz umgebracht.
Der Text beruht auf den Prozessakten, den persoenlichen Prozessbesuchen
des Autors und den Prozessberichten, die Bernd Naumann fuer die
<Frankfurter Allgemeine Zeitung> geschrieben hat.
Es werden Taeter und Opfer miteinander konfrontiert, und auf diese
Weise wird, gerade durch den Verzicht der Rekonstruktion individueller
Erlebnisse und die Betonung der funktionalen Aspekte, das Grauen dieser
Toetungsfabrik deutlich. Zugleich wird die Moeglichkeit gezeigt, dass
sich Aehnliches wiederholen koennte, und die Notwendigkeit, dies zu
verhindern. Eine Woche nach den ersten Theaterauffuehrungen brachten
alle deutschen Radio-Sender eine Hoerfunkfassung des Stuecks, im Maerz
1966 sendete die ARD die Fernsehversion in der Regie von Peter
Schulze-Rohr. Das Stueck und der Film stehen exemplarisch für die
zweite Phase der Beschaeftigung mit der Shoa seit 1945 in Deutschland,
die der Frankfurter Auschwitz-Prozess ausloeste.
<Es gab kein Entrinnen, es gab nur die Feigheit des Abschaltens oder
die Bequemlichkeit des Umschaltens. Und, dasz es kein Entrinnen gab,
dieser Zwang des Mit-Denkens, nicht des Mit-Fuehlens, spricht fuer die
Intensitaet der Auffuehrung, fuer ihre Qualitaet. Ueber das Niveau des
Ensembles braucht man kein Wort zu verlieren, das Fernsehen kann sich
die besten Darsteller leisten.> (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1966)
Gespraech mit Hanne Hiob, Schauspielerin in <Die Ermittlung>.
Hanne Hiob wurde 1923 in Muenchen als Tochter von Marianne Zoff und
Bert Brecht geboren. Film- und Theaterarbeit in Berlin, Hamburg,
Zuerich und Muenchen. 1959 war sie in der Urauffuehrung von Brechts
<Die heilige Johanna der Schlachthoefe> durch Gustaf Gruendgens in
Hamburg die Johanna. Am Berliner Ensemble spielte sie diese Rolle 1968.
Politische Aktionen und Straszentheater, u. a. Anfang der 80-er Jahre
<Idylle einer deutschen Kleinstadt> gegen Josef Mengele, nach der
deutschen Wiedervereinigung <Buero Mahagonny / Anachronistischer Zug>.
Hanne Hiob, Gerd Koller (Hg.): <Wir verreisen...> In die Vernichtung.
Briefe 1937-1944. Berlin: Aufbau Taschenbuch Vlg. 1998, ISBN 3746613957.
Links:
Robert Cohen: The Political Aesthetics of Holocaust Literature: Peter
Weiss's <The Investigation> and Its Critics (> History and Memory,
Volume 10, No. 2, Fall 1998, Univ. of Indiana Press)
http://iupjournals.org/history/ham10-2.html
Dokumente zum Auschwitz-Prozess (Fritz Bauer Institut, Frankfurt a. M.)
http://www.fritz-bauer-institut.de/projekte/auschwitz-prozess.htm
*******
KINOKI goes DIAGONALE:
Filme, die wir nicht sehen koennen
Filmprogramm und Diskussion
Diagonale 2004
Donnerstag, 4. März
Diese DIAGONALE hat einen besonderen Stellenwert, weil sie vielleicht
zum ersten Mal gezwungen ist, sich klar als politisches Ereignis zu
deklarieren. Wird das Festival selbst politisch bedeutsam, heiszt das
nicht unbedingt, dass auch eine Politisierung des Films stattfindet.
Wir wollen die Gelegenheit nuetzen, um die Spiegelung der politischen
Realitaet in der oesterreichischen Film- und Medienlandschaft zu
diskutieren. Das Programm zeigt oesterreichische und europaeische
Produktionen, die meist unsichtbar bleiben.
In Oesterreich lebt eine grosze Anzahl von KuenstlerInnen,
FilmemacherInnen, ZuseherInnen, die noch nie Zugang zu dem Feld hatten,
welches sich nun gegen die Vereinnahmung durch die schwarz-blaue
Regierung zur Wehr setzt. Sie sind dementsprechend auch nicht in der
Lage, sich den Forderungen der DIAGONALE und der oesterreichischen
Filmszene anzuschlieszen, obwohl sie selbst ein vitales Interesse an
Filmproduktionen haben, die einen Gegenentwurf zu den hegemonialen
Bildern darstellen koennten. Massenmedien begleiten hierzulande immer
wieder die herrschende Politik mit rassistischen Kampagnen und
gezielter Fehlinformation. Alternative Medien und Filmproduktionen
koennen denen eine Stimme geben, die aus dem Blickwinkel der dominanten
Oeffentlichkeit verschwinden sollen.
Warum entstehen in Oesterreich aber kaum Filme, die die Realitaet von
rassistisch Diskriminierten, Nicht-MehrheitsoesterreicherInnen,
Fluechtlingen und Asylsuchenden repraesentieren, und kaum Filme, die
von rassistisch Diskriminierten gemacht worden sind? Nach der <Wende>
in Oesterreich wurde trotz <Die Kunst der Stunde ist Widerstand> bis
heute kein einziger Film ueber die <Operation Spring> gemacht. Ein
einziger Kurzspielfilm – <Der Andere> von Davis O. Nejo und Said Manafi
– reagierte filmisch auf den Totschlag am Asylwerber Marcus Omofuma.
Der Film wurde von der DIAGONALE abgelehnt. Filme, die Ausdruck der
Selbstermaechtigung oder Zeichen des Protests sind, werden gern mit
aesthetischen Begruendungen abgewertet. Doch vielleicht gibt es eine
filmische Aesthetik, die aus der gesellschaftlich privilegierten
Position der Mehrheit nicht gesehen werden kann.
Film ist ein teures und tendenziell undemokratisches Medium. Dabei geht
es um eine ganz basale Funktion von Film: visuelle Selbstbestimmung, ja
Selbstverteidigung und Artikulation der Kaempfe um soziale und
demokratische Rechte. Filme koennen <die Anordnungen des Wunsches
veraendern, die Stereotypen durchbrechen, die Zukunft eroeffnen> (Félix
Guattari). Warum gibt es oder warum sehen wir so wenige dieser Filme?
Peter Grabher (kinoki) und Anna Kowalska in Zusammenarbeit mit Hirut
Kiesel und Karim Duarte (wmi – World Media Insights)
Filme, die wir nicht sehen koennen
Filmprogramm
Donnerstag, 4. März
13:30 – 15:45
Schubert 2
Nous, sans papiers de France…
Kollektivfilm, F 1997, 3 min., DV
Madjiguène Cissé artikuliert die Forderungen der franzoesischen Sans
Papiers. Ueber 200 Filmschaffende erklaerten sich in diesem von Nicolas
Philibert initiierten Kurzfilm 1997 beim Festival in Cannes mit deren
Forderungen solidarisch.
Der Andere
Davis O. Nejo, Said Manafi, A 1999, 11 min., DV
Der kurze Spielfilm visualisiert in minimalistischer Form die letzten
Stunden Marcus Omofumas, seine Angst und Verzweiflung. Es ist der
bisher einzige Film, der sich mit dem Tod Omofumas am 1. Mai 1999
beschaeftigt.
<Best Film by a Black Filmmaker> und <Best Film on matters relating to
the Black Experience> beim XV. Black International Cinema Festival,
Berlin 1999.
Polizeiaktion im Fluechtlingsheim Zwickau
AnonymeR FilmemacherIn; Umbruch / Filmarchiv, D 2000, 4 min., DV
26. September 2000, 23 Uhr. Unangekuendigt kommt die Polizei mit elf
Einsatzfahrzeugen, um zwei libysche Familien zur Abschiebung abzuholen.
Ein Fluechtling behaelt die Nerven und filmt in der Situation.
Erstmalig wird es dadurch moeglich, aus Sicht der unmittelbar
Betroffenen dieses Ereignis zu dokumentieren. Jedes Jahr werden etwa
40.000 Fluechtlinge aus Deutschland abgeschoben.
http://www.umbruch-bildarchiv.de/
Asylum is human right
Kollektivfilm; Umbruch / Filmarchiv, D 2001, 11 min., DV
Das Video gibt konkrete Informationen ueber die Situation von
Asylsuchenden in Deutschland und ihren selbstorganisierten Kampf um
demokratische Rechte. Es wurde im Rahmen eines Video-Workshops von
VideoaktivistInnen von Paper Tiger TV und anderen Gruppen zusammen mit
Fluechtlingen und MigrantInnen aus Togo, Kamerun, Zimbabwe, Polen und
aus der Ukraine produziert.
Umbruch / Bildarchiv Berlin sammelt und streamt Dokumentationen von
Aktionen, Demonstrationen, aber auch Dokumente der Gewalt gegen die
AsylbewerberInnen in Deutschland.
http://www.umbruch-bildarchiv.de/
Zinnergasse 29A
Jawid Azizi; dezentrale medien, A 2003, 9 Min., DVD
In der Zinnergasse 29A, am Rande von Wien, befindet sich ein großes
Wohnheim fuer Fluechtlinge. Jawid lebt seit einiger Zeit dort. Er
spricht mit BewohnerInnen ueber die Erfahrung, als Flüchtling zu leben.
Die Gruppe dezentrale medien (Eva Dertschei, Petja Dimitrova, Borjana
Ventzislavova, Carlos Toledo) arbeitet seit 2000 an partizipativen
Projekten mit Jugendlichen in Wien, in denen sie ueber die Aneignung
der Medien Video und Internet verschiedene Lebensentwuerfe und
Standpunkte thematisieren.
http://www.dezentrale.net/
Normalitaet #5 & #8
Hito Steyerl, D/A 2000, 12 min., DV
<Normalitaet definiert sich für Hito Steyerl ueber die Randzonen, nicht
ueber das Kerngebiet. Die permanente Ausweitung des normalen
Territoriums, das stete Einverleiben eines neuen, wenn auch nur
schmalen Streifens frueherer Abnormitaet zeigen die gefaehrliche
Elastizitaet des Normalitaetsbegriffes; normal ist, was nicht mehr
aufzuregen vermag, und der Assimilationsprozess des Menschen an neue
Normalitaeten funktioniert in der Regel rasch, unreflektiert und
gruendlich.> (G. Schnedlitz)
Weiszes Ghetto
Kanak TV, D 2002, 8 min., DV
<Kanak TV ist die Umkehrung des rassistischen Blicks. Aber wir wollen
nicht nur den rassistischen Blick und die festgelegten Bilder im Kopf
zu Tage bringen. Unser Fokus richtet sich auch darauf, wie Bilder
gemacht, manipuliert und eingesetzt werden. Kanak TV entlarvt den
medialen Blick als Macht, indem es sich dieses Macht-Blickes bedient.
So soll das Machtverhaeltnis in Frage gestellt, zurueckgewiesen und ihm
entgegengewirkt werden.> (Kanak TV)
http://www.kanak-tv.de/
Philharmonie Koeln – 40 Jahre Einwanderung
Kanak TV, D 2001, 9 min., DV
<Koeln, 6.11.2001. An diesem Tag feierte die Stadt Koeln den 40.
Jahrestag der Unterzeichnung des ersten Anwerbeabkommens mit der
Tuerkei. Entsprechend tauchte auch viel Prominenz zum Festakt in der
Philharmonie auf. Sogar der Buergermeister war da. Wir haben natuerlich
zu diesem Anlass nur die weißen Exoten mit der Kamera verfolgt.> (Kanak
TV)
http://www.kanak-tv.de/
afro deutsch
Ayassi, Tyron Ricketts; D 2001, 11 min., DV
Der in Oesterreich aufgewachsene Schauspieler und Musiker Tyron
Ricketts rappt ueber seine Erfahrungen mit Rassismus. <afro deutsch>,
der in deutschen Kinos als Vorfilm gezeigt wurde, will ermutigen, nicht
still zu halten und zu schweigen, wenn Menschen aufgrund ihrer
Hautfarbe diskriminiert werden.
http://www.afro-deutsch.de/
§taatsbürgerschaft?
Petja Dimitrova, Wien 2003, 8 min., DVD
Petja Dimitrova lebt und studiert in Wien. Ihr Diplomabschluss an der
Kunstuni soll ihr, gemeinsam mit Empfehlungsschreiben etablierter
Persoenlichkeiten aus der Kunstbranche ermoeglichen, die
Staatsbuergerschaft im <beschleunigten Verfahren>, also vor Ablauf der
Mindestwartezeit von zehn Jahren, zu erhalten. Wird sie es schaffen?
Und wozu ist das eigentlich notwendig?
Das Video dokumentiert das behoerdlich geforderte Sammeln von
Nachweisen, dass sie der neuen Nationalität wuerdig ist und ist
gleichzeitig die Abschlussarbeit fuer das begehrte Diplom.
Frontera Sur
Helena Maleno, Alex Muñoz, Victor Rins; 2003, 13 min., DVD
Einblicke in das Leben an der suedwestlichen Auszengrenze Europas: In
riesigen Gemueseplantagen arbeiten viele <illegale> Arbeiter
Innen aus Nordafrika. 2000 kam es in El Ejido zu schweren rassistischen
Ausschreitungen.
Der Film entstand im Rahmen des Projekts Frontera Sur RRVT.
http://www.geobodies.org/fronterasur/
Estrecho Adventure
Valeriano Lopez Dominguez; 1996, 6 min., DVD
Abdul traeumt vom Leben in Europa. Vorerst beschaeftigt er sich mit
<Estrecho Adventure>, einem Videospiel, bei dem eine Unzahl von
Hindernissen ueberwunden werden muss, um schlieszlich nach Europa zu
gelangen…
http://www.geobodies.org/fronterasur/
Filme, die wir nicht sehen koennen
Diskussion
Donnerstag, 4. März
16:00 – 17:30
Schubert 3
Karim Duarte (Journalist, wmi – World Media Insights)
Davis O. Nejo (Kuenstler, Schauspieler, Co-Kurator der Biennale von
Dakar)
Lisl Ponger (Bildende Kuenstlerin, Filmemacherin)
Jo Schmeiser (Kuenstlerin, Filmemacherin; Klub Zwei)
N.N.
Moderation: Anna Kowalska (Kuenstlerin)
Dank an Ljubomir Bratic, Araba E. Johnston-Arthur, Lisl Ponger, Jo
Schmeiser und Sidy Wane.
Link: http://www.diagonale.at
*******
Hinweise:
NACHTREISE
Ein Film von Kenan KILIC
Kinostart - Wien:
De France am 13.02.2004
Schottenring 5
1010 Wien
Kontakt und Reservierung
Tel: 0699 10481014
NACHTREISE: Ein Lokal in Wien. Seine Besucher sind Menschen, die
sich am Rande der Gesellschaft befinden. Die meisten von ihnen haben
keine
Arbeit, kein Einkommen und keine österreichische Staatsbürgerschaft.
Ein Leben
zwischen Legalität und Illegalität, zwischen Sein und Nicht-Sein. Für
eine
kleine Gruppe von Migranten aus der Türkei stellt dieses Dasein im
Lokal eine
Übergangsphase zu einem besseren Leben dar. Einer davon, Cemo,
zerbricht an
dem Widerspruch zwischen Hoffnung und Realität.
NACHTREISE handelt von Asylanten und obdachlosen
Migranten.
Von jenen, die sich am Rande der Gesellschaft befinden und sich am
Widerspruch
zwischen Hoffnung und Realität zerreiben. Es ist eine Milieuschilderung
und
ermöglicht das Kennenlernen einer Gruppe von Menschen, die ihr Leben
außerhalb der sogenannten Integration fristen.
NACHTREISE erzählt die Geschichte von Menschen, die
versuchen, in
Österreich zu (über)leben und veranschaulicht ihre Ängste, Sorgen und
Freuden. Der Film gibt einen Einblick in die wenig bekannte Welt
illegal in
Österreich lebender Menschen und zeigt ihre Versuche, in einer
Atmosphäre der
sozialen Ausgrenzung zu bestehen.
*******
http://www.filmarchiv.at
ÄSTHETIK, KINO, POLITIK
THEATER / FILM NACH BRECHT UND PISCATOR
5. 2. – 27. 2. 2004 Metro Kino
FEBRUAR '34
12. 2. – 15. 2. 2004 Metro Kino
BÉLA BALÁZS
28. und 29. 2. 2004 Metro Kino
*******
Von: office@asyl-in-not.org
Datum: Mi, 11. Feb 2004 12:12:35 Europe/Vienna
An: p@kinoki.at
Betreff: Inserat gegen Strasser
Inserat gegen Strasser
Asyl in Not unterstützt die von SOS-Mitmensch initiierte Inserat-Aktion
gegen
das Verhalten des Herrn Strasser in der Causa Seibane Wague.
Wir bitten um rege Beteiligung.
Am 15. Juli des vergangenen Jahres ist der mauretanische Atomphysiker
Seibane Wague bei einer Amtshandlung der Wiener Polizei zu Tode
gekommen. Rechtswidrig, wie nun auch von einem unabhängigen Senat (UVS)
festgestellt wurde.
Das ignorante Verhalten gegenüber rechtsstaatlichen Verfahren von
Innenminister Strasser, Polizeipräsident Stiedl und der involvierten
PolizistInnen behindert die lückenlose Aufklärung des Vorfalls.
Das wollen wir nicht einfach hinnehmen. Deshalb bitten wir Sie, sich
mit 30
Euro an einem selbstfinanzierenden Inserat zu beteiligen, das wir
zunächst in einer österreichischen Tageszeitung schalten wollen. Den
Inseratentext finden Sie untenstehend.
Bitte informieren Sie uns ehestmöglich per mail an die Adresse
mailto:seibane@sos-mitmensch.at, mit welchem Namen (Organisation oder
Privatperson) Sie genannt werden wollen. Natürlich nehmen wir auch gerne
anonyme Kostenbeiträge entgegen. Wir möchten aber auch diesmal zur
Betonung der Überparteilichkeit auf die Unterstützung von wahlwerbenden
Gruppen und deren (ehemaligen) SpitzenvertreterInnen verzichten.
Wenn genügend Zusagen eingelangt sind, informieren wir Sie über den
Zeitpunkt der Schaltung und die Zahlungsmodalitäten.
Mit freundlichen Grüssen,
Philipp Sonderegger,
Sprecher von SOS-Mitmensch
Wien, 10.2.04
*** Beginn Inseratentext
Aufruf an Bundesminister Ernst Strasser
Im Juli 2003 starb Seibane Wague in der Obhut der Polizei. Der
Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat festgestellt, dass die Polizei
rechtswidrig gehandelt hat und dass der Atomphysiker Opfer von
Verletzungen seiner Menschenrechte auf Leben sowie auf Schutz vor
unmenschlicher Behandlung wurde.
Herr Minister Strasser, Sie haben sich nach dem Tod Seibane Wagues
demonstrativ hinter Ihre BeamtInnen gestellt und ihnen „angemessenes und
ausbildungsgemässes“ Handeln attestiert. Für diese war Ihre Erklärung
auch Ermutigung, vor einem unabhängigen Gericht gesetzeswidrig die
Aussage zu verweigern und die menschenrechtliche Aufklärung zu
behindern. Heute hingegen schweigen Sie!
Dies empfinden wir als einen Angriff auf uns alle - auf die Grundlagen
unseres Zusammenlebens. Es gehört zu den unverzichtbaren Grundsätzen
eines demokratischen Rechtsstaates, dass BeamtInnen dem Gesetz
entsprechend handeln. Und es gehört zur wesentlichen Aufgabe eines
Ministers, die Gesetzmäßigkeit des Handelns seiner BeamtInnen durch
geeignete Maßnahmen sicherzustellen. Weiters müssen Organe, die das
staatliche Gewaltmonopol mit der Waffe ausüben, unter besonderer
Kontrolle durch unabhängige Institutionen stehen.
Wir fordern Sie daher auf, sich bei der Witwe und der Familie des
Verstorbenen für das geschehene Unrecht zu entschuldigen, zur
festgestellten Menschenrechtsverletzung Stellung zu nehmen, sowie die
gebotenen rechtlichen und politischen Konsequenzen zu ziehen.
Für den Rechtsstaat und die Achtung der Menschenwürde aller in
Österreich lebenden Menschen Engagierte
*** Ende Inseratentext
SOS Mitmensch
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